Buß- und Bettag

Buß- und Bettag

Offb. 3, 14 – 22                                                                    Buß- und Bettag – Oßling, am 21.11.2018

„Dem Engel der Gemeinde Laodizea schreibe: Das sagt, der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! Und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest. Welche ich liebhabe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße! Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“

Liebe Gemeinde am Buß- und Bettag!  Bet-Tag oder Bett-Tag? Wir sind hier im Gottesdienst und nicht im Bett, im Gegensatz zu … Halt! Wir sind nicht hier, um die Qualität unserer Glaubenstreue an anderen zu messen. Beten und Umkehren – das wollen wir, zumindest will uns dieser Gottesdienst dazu helfen. Ob wir wirklich wollen? Kommt darauf an, was uns zugemutet wird: (Lesung des Predigttextes) Ihr seht, ein Glückwunschschreiben liegt uns nicht gerade vor. Was ist euch beim Hören hängen geblieben? Lau bist du, ich speie dich aus; oder: tue Buße; die ich liebe, weise ich zurecht; oder: ich stehe vor der Tür und klopfe an? – Johannes muss die Gemeinde und ihr Umfeld gut gekannt haben. Laodizea hatte berühmte Thermalbäder mit kohlesauren, warmen Wasser. Der Geschmack war allerdings widerlich, ungenießbar. Wasser zum Wohlfühlen, nicht zum Leben. Der berühmte Cicero empfahl Laodizea als Finanzzentrum, man solle dort sein Geld anlegen. Die Stadt war die Schweiz von Kleinasien. Handelswege gingen in alle Richtungen. Ihre teuren Stoffe waren sehr begehrt. Es existierte eine funktionierende Pharmaindustrie. Die Augensalbe besonders war berühmt im Imperium. – Statt ihr Umfeld zu prägen, klingt es hier so, als hätte das Umfeld den Glauben der Christen dort geprägt. Auf die Frage: Wie seht ihr euch und euer Glaubensleben selbst? – die Antwort: Alles bestens. „Ich bin reich und habe genug und brauche nichts.“(Heute existiert weder diese Stadt noch die Gemeinde.) Ein Wort steht für diese Selbsteinschätzung: Titanic. Dieser Name weckt in uns das Bild des riesigen Lebensdampfers. Ein Bild von Größe, Schönheit, Pracht, Schnelligkeit, Vollkommenheit. So läuft es vom Stapel zu seiner ersten und letzten Fahrt. Hell erleuchtet gleitet es über das kalte, stille Meer. Doch da bekommt das Bild des Stolzes Schlagseite und versinkt. Oberflächlichkeit hatte diese Katastrophe eingeleitet. Stolz und Überhebung hatten Vorsicht und Vernunft weggewischt. Was kann uns schon passieren. Die Titanic ist unsinkbar. Diese Fahrt wurde von zwei Realitäten begleitet. Einmal, was der Kapitän und die Besatzung für real hielt. Es war aber Wahn mit schrecklichen Folgen. Die wirkliche Realität hieß: die eiskalte Weite des Ozeans, Eisberge, zu wenig Rettungsboote, ein sinkbares Schiff und fehlgeleitete Menschen im blinden Glauben an Metall und Technik, Machbarkeit und Fortschritt. Unser Predigttext spricht auch von zwei Realitäten. Einmal der menschliche Blick, unser Beurteilen und Gottes Urteil, seine Sicht, die über die Christen in Laodizea lautet: „Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts – und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und nackt … Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest!“Gottes Beurteilung erinnert uns an den Untergang der Titanic, des schwimmenden Turms zu Babel: „Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“Das ist eine nüchterne, harte Analyse. Laodizea, eine Gemeinde, auf die Jesus verzichten könnte. Vielleicht erinnert sich Johannes, wie er das lauwarme Wasser der Heilquellen gekostet hatte und ihm speiübel wurde. So hart – diese Gemeinde verursacht Brechreiz. Damit will Johannes niemand beleidigen. Aber aufrütteln, vor einer Katastrophe warnen. Er redet zu Leuten, die nicht wissen wollen, wie es um sie steht, die im Glauben selbstgefällig und überheblich sind, eingebildet auf ihren Wohlstand, Bildung, Geschmack, Beziehungen, gesellschaftlichen Einfluss und Spendenaufkommen. Wie blind, sagt Johannes, wie selbstverliebt seid ihr eigentlich. Was euch so wichtig ist, spielt bei Gott keine entscheidende Rolle. Schaut, was dem wichtig ist, an den ihr glaubt! Kalt und heiß soll euer Glaube sein und bezeugen: ich bin heiß auf Jesus und Geld lässt mich kalt. – Der Gemeinde wird geraten, nicht befohlen: „Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest; und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde; und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.“Er mahnt mit diesen Worten: Ihr lebt in der Zerreißprobe zwischen äußerem Schein und innerer Leere, es wird euch zerreißen. Ihr seid eher höflich als ehrlich. In allem Trubel spürt ihr eure Einsamkeit. Und die dumpfe Angst, in einem Kartenhaus zu wohnen. Ihr seid eingesperrt in Verpflichtungen, Terminen und Traditionen. Ihr könnt sie endlich ablegen – die gute Miene zum bösen Spiel. Kehrt um und nehmt das „Gold Gottes“:  Das ist der in Leiden bewährte Glaube. Kaufen heißt hier, sich von Jesus die Kraft zum Tragen, zur Leidensbereitschaft erbitten. Die weißen Kleider – das ist die Gerechtigkeit Jesus. Sie anziehen bedeutet – aus Kreuz und Vergebung Jesu zu leben. Die Augensalbe – ist die Bitte um den Heiligen Geist. Er allein gibt die rechte Erkenntnis, Selbsterkenntnis und Unterscheidung. Noch sind die Lauen nicht ausgespieen. Noch gilt die Fürbitte des Gärtners: „Herr, lass ihn noch dieses Jahr!“ (Lk. 13, 9). – Ob wir uns fragen: Gilt das für uns, sind direkt wir gemeint? Was ist der Reichtum unserer Gemeinde, unser Schmuck, unsre Schönheit? Ich selber bitte Gott von Herzen um sein Gold, die weißen Kleider und die Augensalbe. Vor ihm bin ich so arm, blind und bloß, dass ich manchmal nicht vor euch treten möchte. Wenn ich hier stehe, weiß ich: ohne Jesus bin ich nichts. Ohne seinen Geist bin ich blind, mein Dienst, die Verkündigung nur hohl. Und bin erstaunt, wie Gott mir Armen seine Schätze anvertraut. Darüber zittere ich innerlich und kann nur stammeln: Ach, Herr Jesus, erbarme dich meiner! Ich sehe vor mir meine geliebte Kirche und ihre Armut: reich sind wir an guter Glaubenslehre, doch arm an Umsetzung im täglichen Leben. Reich an Bekenntnisschriften, aber arm an zeitgemäßem, verständlichem Bekennen. Reich an Archiven und Vergangenheit, doch arm, wenn es um die Bewältigung der Gegenwart geht. Und um die Rechenschaft, Sprachfähigkeit unsrer Hoffnung. Sind die Nachfolger Christi zu Nachlassverwaltern geschrumpft? Umkehr ist geboten. Aber wie? Umkehr geht nur mit Jesus selbst. Umkehr ist Einkehr. Jesus muss bei mir einkehren. Weil nur die Einkehr Jesu wahre Buße ist, heißt es nach dieser Fanfare: „Sei nun eifrig und tue Buße! – Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.“ – Seid ihr verwirrt? Ich schon. Jesus, unser Herr, als Herbergssuchender. Ungeheuerlich. Das klingt wie Weihnachten pur, ohne Lametta. Hier ahnen wir das Risiko von Gottes Menschwerdung. Gott ist außen vor, steht draußen, draußen vor der Tür. Wie demütig Jesus wartet und wartet und wartet … Ob er nur draußen unser Hauswächter sein soll oder eintreten und Hausherr werden darf? Beten wir: Herr schütze mich! Oder: Herr regiere mich? Der wahre Reichtum, das größte Geschenk ist Jesus selber. Wenn ER da ist, hat`s keine Not. Siehst du das, liebe Gemeinde? Siehst du das, liebe Seele? Amen.

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