Damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt (Oßling)

Damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt (Oßling)

1.Petr 1, (13-17)18-21                                                                                          Okuli – Oßling am 04.03.2018

 

„Umgürtet die Lenden eures Gemüts, seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird in der Offenbarung Jesu Christi. Als gehorsame Kinder gebt euch nicht den Begierden hin, denen ihr früher in der Zeit eurer Unwissenheit dientet; sondern wie der, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel. Denn es steht geschrieben (3Mo 19,2): Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig. Und da ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person einen jeden richtet nach seinem Werk, so führt euer Leben, solange ihr hier in der Fremde weilt, in Gottesfurcht; denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er ist zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn auferweckt hat von den Toten und ihm die Herrlichkeit gegeben, damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt.“

 

Liebe Gemeinde! An meinem 18. Geburtstag – so schreibt ein inzwischen altgewordener Mann – lud mich mein Vater zu einem Spaziergang ein, mit den Worten: „Ich möchte dir heute jemanden vorstellen, der dein Leben entscheidend geprägt hat.“ Ich geh nicht gern spazieren, jedenfalls nicht mit meinen Eltern – aber heute war das anders. Es war noch Zeit bis zum Kaffeetrinken. So liefen wir von Ostteil der Stadt Richtung Süden. In einem Blumengeschäft sparten wir nicht. Vater riet mir: Kauf 18 weiße Rosen, für jedes Jahr eine. Es war eine wundervolle Stimmung. Zwar lag noch der alte Schnee, aber es roch nach Frühling. Ab und an kam die Sonne hervor. Als wir das schmiedeeiserne Tor zum Zentralfriedhof öffneten, sah ich die ersten Schneeglöckchen. Ich wusste von keinem Dichter und Denker, der mein Leben geprägt hätte, geschweige denn, hier begraben sein sollte. Vater zeigte auf ein kleines Grab und ich las: „Unvergessen – Joachim Frenzel“. Mutter und ich, so hörte ich Vaters Stimme, haben dir bisher davon nichts erzählt. Heute sollst du es wissen. Dieser Mann, damals 32 Jahre alt, lief zurück in das brennende Haus. Deine Mutter  muss, als man sie halb bewusstlos ins Freie trug, nur gestammelt haben: das Baby, oben im Schlafzimmer. Da lief er ohne zu Zögern nach oben, aber schon wenig später stürzten Teile des brennenden Dachstuhles durch die Decke und begruben dich und ihn unter sich. Minuten später fanden dich seine Kameraden, er über dir. Du konntest gerettet werden, er nicht. – Eine bewegende, dramatische Geschichte. Nein, so knapp gerettet, so dramatisch ist mein Leben nicht verlaufen. Vielleicht denkt ihr das jetzt, und seid damit im Irrtum. Doch, euer Leben hat so einen dramatischen Einschnitt. Wisst ihr das nicht? Nein? Dann muss ich als erstes unserm Predigtwort widersprechen. Es sagt „ihr wisst“, ich sage „ihr wisst nicht“. Petrus schreibt: „Ihr wisst, dass … ihr mit dem Leben und Blut Jesu Christi erkauft, gerettet worden seid.“ – In unserer Gemeinde stimmt was nicht, etwas ganz Entscheidendes. Woher ich das so genau weiß? Woher weiß ein guter Automechaniker, wenn mit einem Auto etwas nicht in Ordnung ist? Woher weiß ein guter Arzt, dass mit seinem Patienten etwas nicht stimmt? Er weiß auch bald genau was oder zieht einen Spezialisten zu Rate. Woher weiß ein guter Pfarrer, dass mit seiner Gemeinde etwas nicht stimmt? Wenn ihr meint, ich sei einer, ob ihr meiner Diagnose traut? Auch wenn es unangenehm ist? 95% aller Christen in Oßling wissen nicht, was die Christen damals wussten, denen Petrus schrieb: „Ihr wisst.“ Ich muss rufen: Ihr wisst nicht, dass ihr mit dem teuren Blute Christi erkauft seid. – Der junge Mann am Grab seines Retters konnte es nicht wissen, denn er hörte es zum ersten Mal. Wie oft standen wir schon am Grab unseres Retters, dem Kreuz? Wie oft hörten wir schon die Botschaft – und? Was ist geschehen? Wisst ihr, was dieser 18-Jährige tat? Er legte die Rosen in den Schnee auf das Grab. Er schreibt: Als ich die 18 Rosen unter den Grabstein legte und den schmelzenden Schnee und die glitzernden Wassertropfen sah, öffnete sich mein Leben. Die funkelnden Wasserperlen waren meine Tränen, die 18 Rosen meine 18 Jahre und ich wusste: mein ganzes Leben gehört diesem Mann, meinem Retter. Ich werde sein Vermächtnis leben, in vollster Hingabe für andere in Not – ich werde Arzt. – Jetzt, während ich rede, stehen wir alle am Grab unseres Retters. Schaut es an, schaut auf das Kreuz. Sein Leben gab er für dich oder weißt du das nicht? Bewegt es dein Herz? Nein, es scheint unser Herz nicht tiefer zu bewegen. Oder sind dir in der letzten Woche in Oßling viele begegnet, die voller Dankbarkeit, Glück und Freude waren? Die auf die Frage nach ihrem Glück dich umarmt und gesagt hätten: wegen Jesus, wegen Jesus, ich bin ein Losgekaufter, Geretteter. – Ihr Lieben! Als Kind wusste ich Bescheid. Nicht über die großen Dinge der Welt, aber über meine Welt. Ich hatte keinen Zweifel, wer meine Mutti, mein Vati, meine Geschwister sind, wusste, wo das Geschirr, mein Bett, die Süßigkeiten und die Spielsachen waren. Ich wusste, wo ich daheim war. Der lebendige, fröhliche, kindliche Glaube an Christus ist vielen Christen heute so fremd, dass sie darin kein Zuhause finden. Damit meine ich Essen, Trinken, Stärkung, Trost, Strafe, Hilfe, Liebe, Lachen – alles, was Geist und Seele braucht. Fragt nach bei Mitgliedern unserer Kirchgemeinde: Glaubst du? Hm, naja schon. Was glaubst du denn? An Gott. An Gott? Was für einen Gott? Eben an eine höhere Macht. Mehr ist oft nicht an Glauben. – Wisst ihr, was höhere Mächte sind? Die US-Armee, das Geld, Erdbeben und Tsunamis, das Schicksal, Krankheit. Man kann nichts oder wenig dagegen machen. Höhere Mächte sind auch der Satan, die Dämonen, auch die Engel Gottes sind höhere Mächte. Soll ich an all diese „höheren Mächte“ glauben, d.h. mich ihnen anvertrauen? So diffus, so dumpf, dunkel und verwirrt begegnet mir hier der Glaube vieler, dass ich den Eindruck gewinne: Frage ich einen nach seinem Glauben, wird das fast als peinliche Taktlosigkeit empfunden. Bei den Versuchen einer Antwort, die ich hören muss, komme ich mir vor, als würde ich eine düstere Rumpelkammer oder einen feuchten Keller betreten. Wer aus Glauben leben will, muss wissen, wo er Zuhause ist. Wenigstens das. Jeder Christ ist ein aus dem Feuer Geretteter, aus dem Feuer der Hölle, aus der Vernichtungsmacht Satans – ähnlich, wie das Baby aus dem brennenden Haus. Durch Christus. Er opferte sein Leben für dich und mich. Stellt euch vor, der junge Mann hätte am Grab seines Retters gesagt: Glaub ich nicht, dieses Märchen, ich habe daran keine Erinnerung und sehe auch kein brennendes Haus. Das wäre eine Ohrfeige für seinen Vater. Oder er hätte gleichgültig gesagt: Ist mir ziemlich egal, er hätte diesen Aufwand für mich ja nicht betreiben müssen. Dann hätte er für seine Arroganz eine Ohrfeige verdient. Und wie stehen wir vor dem Kreuz unseres Retters? Nehmen wir uns einmal eine Viertelstunde Zeit, davor stehen zu bleiben und dem Gedanken Raum zu geben: Diese Strafe hätte ich verdient. Ich bin hier beim Punkt, bei dem Schaden, an dem unsere Gemeinde leidet: Es ist die Art, wie wir vor dem Kreuz unseres Retters stehen. Da ist keine Träne, keine Herzensbewegung, eher Gleichgültigkeit und Arroganz. Ich sehe es überdeutlich, weil andere Dinge viel wichtiger genommen werden als Christus: Die Sorgen, das Geld, wie die Leute über mich denken, die Gesundheit, das eigne Wohlergehen … Was wird unser Vater im Himmel dazu sagen, dass uns sein geliebter Sohn, unser Retter, so wenig bewegt, weder unser Herz, unsern Kopf, noch Hände und Füße? Wir dürfen mit einem Seufzer aufblicken und den Herrn bitten: Herr, vergib mir meine Lauheit und fülle mein Herz mit Dank für meinen Retter. Lass mir nichts wichtiger sein als Jesus. Öffne mir die Augen und Ohren für die Größe der Rettungstat Jesu, für seine einmalige Liebe und Hingabe … Jeder hier hat heute die Botschaft seiner eignen Erlösung und Rettung durch Jesus gehört. Deshalb kann ich mit unserm Predigtwort an dieser Stelle sagen: Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi.“ Und weil du es weißt, fragt dich Jesus in dieser Stunde: Jetzt ist die Zeit – gib mir dein Leben, vertrau dich mir an und glaube neu. Amen.