Denn Gott ist treu (Oßling)

Denn Gott ist treu (Oßling)

1Kor 1, 4-9                                                       Fünfter Sonntag vor der Passionszeit – Oßling, am 03.02.2019

„Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus, dass ihr durch ihn an allen Stücken reich gemacht seid, in allem Wort und in aller Erkenntnis. Denn die Predigt von Christus ist unter euch kräftig geworden, so dass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus. Der wird euch auch fest machen bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus. Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.“

Liebe Gemeinde! Stimmt das? Trifft das auf die Oßlinger Gemeinde zu? Wir prüfen. Legen diese Worte in unsere Gegenwart: „Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen.“Sind wir hier füreinander dankbar? Na, ich bekomme es manchmal gesagt: Herr Pfarrer, wir sind dankbar, dass Sie da sind. Dankbar sein, einfach, weil wir uns haben, unsere Gemeinschaft, Gemeinde. Weiter heißt es: Für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus, dass ihr durch ihn in allen Stücken reich gemacht seid, in aller Lehre und in aller Erkenntnis.“ Ist unserer Oßlinger Gemeinde Gnade in Jesus Christus gegeben, sind wir reich in Lehre und Erkenntnis? Ja, Mangel herrscht hier nicht. Blättert mal durch den Gemeindebrief: Jede Woche Gottesdienst, Sakramentsfeiern, Kinder- und Jugendarbeit, Kirchenmusik, Konfirmanden, Teenkreis … Das ist kein Selbstlob, sondern nur ein nüchterner Blick, eine Inventur: Was ist da, was nicht? Paulus stellt für seine Gemeinde in Korinth fest: „Die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden.“ Damit mein er das, was wir im 2. Artikel des Glaubensbekenntnisses sonntäglich ausrufen: In Jesus wurde Gott Mensch, erlöste uns durch seinen Tod am Kreuz aus Sünde, Verdammnis und den Ketten Satans. Am dritten Tag kam er zurück aus dem Totenreich und ging ins ewige Leben. Das ist die Mitte des Glaubens. Ist es unsere Glaubensmitte? „Die Predigt von Christus ist in euchkräftig geworden.“ Ist es auch in Oßling so, dass wir aus Christus und in Christus leben? Im Kreuz, in seiner Auferstehung für uns Kraft, Trost und Frieden finden? Ja. Ob wir sonst hier wären? Eines Tages, dann ist die Zeit vorbei, wird Jesus wiederkommen. Darauf warten wir Oßlinger. Wie damals die Korinther, denen Paulus bestätigt: „Ihr habt keinen Mangel an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus.“ Ob Paulus hier nur den Kern der Gemeinde, die Treuen im Blick hat? Ob wir alle Oßlinger oder nur die Treuen im Blick haben, wenn wir nicken, bestätigen: Ja, Paulus, auch wir Heutigen warten auf die Offenbarung Jesu, bekennen es jeden Sonntag: „… von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“ Nach der Inventur hat Paulus noch einen Zuspruch, ein prophetisches Wort an seine Predigthörer und –leser: „Der wird euch auch fest machen bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus.“Danke Paulus, sag ich darauf. Das kann ich gebrauchen, diese Ermutigung. Denn das wünsche ich mir: Fest im Glauben bis ans Ende, untadelig vor Jesus, wenn ich vor ihm gestellt werde. Aber – dieses Wörtchen hat es in sich. Aber: Die Lebenserfahrung hält dagegen. Ich bin nicht immer fest und auch nicht ohne Tadel. Wie soll das also werden? Der Zuspruch des Paulus ist deshalb prophetisch, weil seine Ermutigung nicht auf menschliche Kräfte zielt und sagt: Gebt euch mehr Mühe! Er ermutigt, indem er versichert: Der Herr selbst wird euch fest erhalten und untadelig machen. Was kein Mensch kann macht der Herr. Und sowird uns Mut auf dem Weg mit Jesus zugesprochen: „Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.“ Aber ich muss mich doch wundern über die Worte von Paulus, denn ich habe den ganzen Korintherbrief gelesen. Unser Predigtwort ist nur der Anfang von insgesamt 16 Kapiteln. Was Paulus da alles auf den Tisch bringt. Also, da bietet die Gemeinde alles andere als ein ermutigendes Bild: Wir lesen von Zerspaltenheit in Gruppen. Dass auf menschliche Vorzüge Vertrauen gesetzt wird, ihre merkwürdige Nachlässigkeit in Fragen christlicher Lebensführung, ihr Missverstehen christlicher Freiheit, als dürfe man alles. Dann ihr oberflächlicher Umgang mit den Sakramenten, das skandalöse Verhalten einiger bei der Feier des Heiligen Abendmahles. Die Überheblichkeit nicht weniger, die Geistesgaben, etwa das Sprachengebet, praktizieren und meinen, sie wären Gott näher als die andern. Auch ihre grundfalsche Einstellung zur christlichen Auferstehungshoff-nung und noch einiges mehr. Dieses Durcheinander in Lehre, Glauben und Gemeinschaft hatte Paulus ja überhaupt erst veranlasst, erst einen und dann weitere Briefe an die Gemeinde zu richten. Wir hörten anfangs seine höchst positive Bewertung der geistlichen Situation. Und es ist erstaunlich – dass Paulus fast überschwänglich dankbar ist: „Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen.“ Bei all diesen Nöten und Problemen danken? Bei Paulus platzt der Dank aus allen Nöten. Was ist sein Geheimnis? Dass er Missstände, Nöte und Skandalöses anspricht, ganz offen, klar benennt – und doch voller Dank ist. Dies ist nur möglich, wenn einer auf Gott schaut. Ansonsten ist es nur Schönrederei, um eben am Briefanfang ein paar Schmeichelworte zu finden. Paulus dankt für die „ecclesia“, die Kirche, die Gemeinschaft der Geheilig-ten und schaut dabei auf Jesus: Sein Kreuz, seinen Sieg, sein „Es ist vollbracht!“, seine Auferstehung, die Rechtfertigung des Sünders. Er sieht: Der Herrbeschenkt die Gemeinde. Der Herrmacht sie fest. Der Herrwird sie vollenden. Das ist Mut machend: Was uns zu Gemeinde, zur Kirche macht, liegt nicht in uns, sondern in Christus allein. Nicht also der prüfende Blick in unseren Gemeindebrief, sondern das vertrauensvolle Aufschauen auf die Zusage unseres Herrn, auf Christus. Wir hören und vernehmen, dass auch uns Heutigen dieses Wort gilt, wir darin gehalten sind und Zukunft haben, dieser Zuspruch: „Denn Gott ist treu.“ Amen.