Nach der Flut

Nach der Flut

1Mose 8, 18-22                20. Sonntag nach Trinitatis – Großgrabe/Oßling, am 29.10.2017

„Noah ging heraus aus der Arche mit seinen Söhnen und mit seiner Frau und den Frauen seiner Söhne, dazu allen wilden Tiere, alles Vieh, alle Vögel und alles Gewürm, das auf Erden kriecht; das ging aus der Arche, ein jedes mit seinesgleichen. Noah baute dem Herrn einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar. Und der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“

 

Liebe Gemeinde! Endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Was für ein Gefühl. Endlich wieder Tageslicht und Sonne statt Dauerregen. Endlich wieder Land in Sicht. Endlich. Es muss für Noah ein unvergleichlicher Tag gewesen sein, als Gott zu ihm sprach: Du hast es überstanden, kannst dein U-Boot nun verlassen. Du kannst gehen. Sintflut, Arche – da wird von der Urangst jedes Menschen erzählt, überrollt, überflutet zu werden, einer übermächtigen Gewalt ausgeliefert zu sein. Jeder hat da seine Bilder vor Augen. Vielleicht sind es Bilder von Naturkatastrophen. Vielleicht sind es auch sehr persönliche Bilder, Bilder aus der Kindheit. Neben dem grauenvollen Bericht von Flut und Untergang steht eine weitere menschliche Urgeschichte: Die Rettung und Befreiung. Nach schweren Einbrüchen und Krisen kann man neu aufatmen. Die Luft riecht anders nach einem schweren Gewitter. Das Leben bekommt eine neue Chance. Dafür steht sinnbildlich Noahs Auszug aus der Arche. Nach Tagen zwischen Hoffen und Bangen sagt der Arzt: Sie können gehen. „Du kannst gehen!“ spricht auch Gott. Und Noah wird sich mit weichen Knien aufgemacht haben zurück ins Leben, zurück an Land. Menschen, die schwere Krisen überstehn durften, erlebe ich oft dankbar. Nicht immer bringen sie ihren Dank mit Gott in Verbindung. Noah jedenfalls sagt: Gott sei Dank! Damit rechnet er die Bewahrung seiner Familie in größter Not Gott an. „Gott sei Dank“ ist bei ihm nicht gedankenlos daher geplaudert. Er baut einen Altar. Danken geht sicher auch ohne Altar. Aber der Altar macht seinen Dank öffentlich. So wird sein Dank an Gott zu einem Zeugnis für Gott. Keiner soll sagen, Noah hat überlebt, weil er einen so guten Riecher für Krisen hatte, oder weil er ein geschickter Schiffsbauer und Seemann, oder weil er so einzigartig fromm war. Davon wird nichts berichtet. Es ist Geschenk, Gnade, dass Noah es geschafft hat. Das hat er zutiefst begriffen, deshalb der Dank, der Altar. Während Noah sein Dankopfer gibt, geschieht etwas mit dem Verursacher der Sintflut: „Der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen.“ Das höre ich gern. Aber dann diese Begründung: „… denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Aus diesen Worten spricht eine maßlose Enttäuschung: Der Mensch hat nicht gehalten, was Gott sich von ihm versprochen hat. Als wäre Gott zu der Einsicht gekommen: Kein Sünder wird durch Strafe ein besserer Mensch. Er bleibt vor Gott ein Sünder. Während Noah am Altar und der Regenbogen am Himmel steht, schaut Gott einer finsteren Wahrheit ins Gesicht. Der Kampf ist noch nicht zu Ende. Wer wird siegen, wägt Gott ab. Meine Liebe oder das menschliche Herz mit seinen Abgründen? Sieg heißt hier nicht Vernichtung. Das hat Gott ja eben praktiziert, knallhart durchgegriffen. Und er hat verloren. Seine Macht hat er zur Geltung gebracht. Jemanden das Fürchten lehren ist nicht so schwer. Aber jemandes Herz gewinnen, dazu braucht es weitaus stärkere Kräfte als Angst, Gewalt und Drohung. Gott hat seine Macht eingesetzt, aber das menschliche Herz hatte er nicht erobern können. Und so gesteht er seine Niederlage ein: „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Wenn der Mensch sich nicht ändert, muss sich Gott halt selbst ändern. Wenn der Mensch nicht zu Gott kommt, muss Gott halt zu den Menschen. Mitten in Gottes Enttäuschung seiner unerwiderten Liebe reift der Plan vom Gottessohn in der Krippe. Er blickt auf das menschliche Herz und sieht darin sein Kreuz. Gott muss sich entscheiden. Entweder ich lasse den Menschen umkommen in Sünde und Tod oder ich nehme mein Kreuz auf mich… Hier prallen Welten aufeinander, Menschenbilder. Hat der Mensch einen guten Kern? Hat er ein böses Herz? Die Bibel vertritt die zweite Sicht. Böses Herz meint hier: Im Zentrum seiner Person, in seinem Herzen widerstrebt der Mensch dem Willen Gottes. Jesus greift das auf und sagt: Aus dem Herzen kommt, was den Menschen verunreinigt: Lüge, Ehebruch Diebstahl … (Mt 15, 17-20) Wir sollten, um der Klarheit willen immer unterscheiden, ob wir den Menschen in der Beziehung zu Gott oder zu seinen Mitmenschen beschreiben. Wenn wir an unser Leben in der Gesellschaft denken, mühen wir uns redlich, gute Menschen zu sein, meint: hilfreiche Nachbarn, gute Bürger. Vor Gott aber taugt dieser Maßstab nicht. Im Himmel herrscht nicht die deutsche Gesetzgebung. Keiner ist so heilig und rein und vollkommen wie Gott. Kein Mensch ist in der Lage, dauerhaft und lebenslang ausschließlich nur Gottes Willen zu tun. Keiner hat die Macht und Kraft, sich selbst das ewige Leben zu geben. Da sind wir angewiesen auf Gott. Sünder. Ein Sünder braucht das Geschenk der Gnade. Er muss gerettet werden. Ich brauche Gnade, Rettung. Ich brauche Jesus Christus.  Der Apostel Petrus hat Bezug auf Noah genommen und schreibt: „Noah wurde durch die Arche gerettet, durchs Wasser hindurch. Das ist das Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet.“ (1Petr 3, 20.21) Petrus meint: So, wie Noah aus der Arche an Land tritt ins Leben, lebe aus deiner Taufe. Christus, deine Arche, hat dich, durch die Wasser des Gerichtes über die Sünde, gerettet. Du bist auf seinen Namen getauft und hast so unwiderruflich Anteil an Jesu Heilstat bekommen. Er ist für dich gestorben und auferstanden. Du bist hinein getauft in den Tod Jesu, deshalb hast du Anteil an der Vergebung. Du bist auch hinein getauft in Jesu Auferstehung und bekommst deinen Anteil: deine Auferstehung. Du wirst leben. Deshalb berufe dich auf deine Taufe. Schau nicht zurück auf deine Sünden, die sind vor Gott getilgt. Frage nicht, ob du ein guter oder schlechter Christ bist – du bist ein Christ. Du bist durch Christus gerettet, glaube und geh hinaus wie Noah und bringe Gott deinen Dank. Im Danken schaust du von dir weg nach oben in den Himmel, siehst den weiten Raum deines Lebens darin gespiegelt. Im Danken hörst du den Zuspruch, wie damals Noah, auch für dich in deinem Herzen, wenn Gott flüstert: Solange du lebst, soll nicht aufhören meine Liebe und Treue, Fürsorge und Leitung, Vergebung und Gnade für dich. Amen.

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