Sehnsucht Heilung

Sehnsucht Heilung

Jakobus 5, 13-16                   19. Sonntag nach Trinitatis – Oßling/Großgrabe, am 07.10.2018

 

„Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.“

 

Liebe Gemeinde! Jakobus weiß Rat: „Leidet jemand unter euch, der bete.“Beten hilft denen, die Mangel haben: an Gesundheit, Wertschätzung, Geborgenheit. Beten hilft  denen, die zerrissen sind zwischen sich und ihren Ansprüchen. Wer betet, begibt sich auf den Weg um heil zu werden. Jedes Gebet drückt die einfache Wahrheit aus: Ich kann es nicht alleine. Wer im Leiden zu Jesus betet, hat das Mitgefühl des Auferstandenen. Denn Jesus sind Passionszeiten, Leidenszeiten nicht fremd. Das alles ist eine Angelegenheit des Glaubens. Ich glaube, also bete ich. Ich glaube, also rechne ich mit Jesu Berührung. Ich glaube, also halte ich die Spannung aus – zwischen dem, was der Herr mir verspricht und was ich sehe. Glaube an Jesus ist eine Brücke zwischen Himmel und Erde. Was vor Gott ewige Bedeutung hat, worüber im Himmel gesprochen wird, was Jesus für immer wichtig ist, sieht hier auf der Erde, in unsern Augen, so schlicht, einfach aus. Das ist ausdrücklich Gottes Wille. Er will sehen, wie du dich zu seinen Verheißungen stellst. Ob du sagst: Ich glaube nur, was ich sehe und begreife. Dann bist du nur auf dich und deine schmale Erkenntnis gestellt. Oder du entscheidest dich: Ich glaube Gottes Versprechen. Ist die Bibel nur ein Buch, wie andere auch? Oder sagst du: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte, und ein Licht auf meinem Wege.“ (Ps 119, 105)? Alle vor Gott großen Dinge erscheinen hier klein: Durch die Heilige Taufe gehörst du zur Familie Gottes, hast Schutz vor Satan, hast ein heiliges Siegel in deiner Seele. Aber äußerlich wird Wasser über einen gegossen und ausgerufen: Ich taufe dich auf den Namen Gottes. Mehr siehst du nicht. Im Heiligen Abendmahl ist der Auferstandene mit allen seinen Gnaden, der Kraft seines heiligen Blutes, mit Vergebung und Glück in dir und zwischen uns. Das verspricht er. Du isst aber nur ein Stücklein Brot und trinkst aus einem Kelch. Hier so unscheinbar. Aber der ganze Himmel feiert mit. Erinnert sich an Jesus und seine Erlösungstat am Kreuz. Deshalb: Glaube dem Herrn und seinem Wort mehr als dir. Glaube ist die Brücke. Über diese Brücke kommt Segen vom Himmel zu dir. Deshalb ruft Jakobus: „Leidet jemand unter euch, der bete.“Und dazu die Ermutigung: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.“Jeder, der an Jesus glaubt, ist ein Gerechter vor Gottes Thron. Denn Jesus spricht, macht uns vor Gott gerecht. So beten wir im Namen Jesu. Das erkennt Gott an. Woran aber erkenne ich die Ernsthaftigkeit meines Gebetes? Dass ich dran bleibe. Im Griechischen bedeutet „ernsthaft“ zugleich auch „ausdauernd“. Jakobus ist ein anteilnehmender Seelsorger. Er sorgt sich um Kranke. Er weiß, dass Krankheit und Unheil Anfechtungen für den Glaubenden sind. Denn wer an Jesus glaubt, sagt nicht einfach: Ich bin krank. Sondern: Herr! Ich bin krank. Was hat meine Verbindung mit dir und meiner Situation zu tun? Auch in Krankheit soll die Brücke des Glaubens wirksam werden. Auch hier gibt es nur zwei unscheinbare Zeichen: Worte und Öl – Gebet und die Salbung des Kranken. Dazu: ein Krankenbesuch. Und das Einverständnis des Erkrankten: Ich brauche euch, euer Gebet: „Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn.“ Wenn die Christen das praktizieren, also dem Wort des Herrn vertrauen, die Brücke des Glaubens benutzten, tritt dazu die Verheißung des Herrn: „Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten.“Ein wunderbarer Zuspruch. Als ich 1982 als Theologiestudent in der Mensa meine Suppe löffelte, lief diese mir plötzlich an der linken Seite aus dem Mund. Meine Kommilitonen schauten mich erschrocken an. Meine linke Gesichtshälfte. Lähmungserscheinungen. Am Nachmittag konnte ich das Augenlid nicht mehr öffnen, den Mund nicht mehr schließen, nur verschwommen reden, nichts, auch nicht mehr in den Spiegel schauen. Ich sah gruslig aus, erkannte mich kaum noch. Sollte ich so mal als Pfarrer vor Menschen treten, predigen? Meine Berufung stand in Frage. Der Arzt sagte einfach: Das dauert zwei bis drei Monate, meistens bleiben erschlaffte Muskeln zurück. Einen Kranken besuchen ist die eine Sache. Selber erkranken die andere. Dann habe ich mich erinnern lassen. Der Arzt ist die eine Seite. Aber der Herr ist auch noch da. Was, Herr, hat das mit dir zu tun? Ich habe meinen Vater über mir beten lassen. Nach dem „Amen“ ist nichts passiert, keine Veränderung. Am dritten Tag aber war ich vollkommen wieder hergestellt. Der Arzt sagte nur, dass besondere Phänomene in der Medizin manchmal vorkommen, besondere Selbstheilungskräfte, von Gott wollte er nichts hören. Aber ich werde es meinem Herrn nie vergessen, dass er mich heil gemacht hat, nach drei Tagen: „Das Gebet des Glaubens wird den Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten.“ Das Wörtlein „aufrichten“ wird im Neuen Testament auch gebraucht, um von der Auferweckung Jesu von den Toten nach drei Tagen zu berichten. – Jeder kann Kranke besuchen, für sie beten. Ausdrücklich wird hier gesagt: „Menschen, geübt im Glauben an Jesus“, die Ältesten der Gemeinde. Also nicht nur Christen mit der Gabe der Krankenheilung, sondern, wer an Jesus glaubt, dieser Brücke vertraut. – Wenn der Herr an einem Kranken nach einer ausdrücklichen Gebetsbitte handelt, geht es nicht nur um „gesund“, sondern um „heil“. Nicht allein der Körper, sondern auch Seele und Geist. Der innere und der äußerliche Mensch braucht Genesung. Deshalb spricht Jakobus nach der Salbung und dem Gebet von „Sünden“. Damit wird alles benannt, was zwischen mir und Gott und zwischen mir und anderen Menschen als Hindernis steht: „Und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet.“Bevor Schuld und Aufrechnen ins Uferlose wuchern, hilft Bekennen. Gottes Wort sagt mir, was Sünde ist. Ich bekenne diese, bekenne mich so zu Gott und er räumt die Hindernisse weg. Auch für meine menschlichen Beziehungen will Gott, dass ich frei bin. Alle Sünden, die mir andere aufgeladen haben, soll ich ablegen. Niemandem mehr die Schuld nachtragen. Keine fremden Lasten schleppen. Je schwerer ich von einem andern verletzt worden bin, desto schwerer ist es auch, das wegzuwerfen unters Kreuz Jesu. Dazu sei erinnert: Gottes Geist will mir dabei helfen. Denn es geht dabei nicht um Versöhnung, das ist eine Sache von mindestens zwei. Es geht um Vergebung. Das ist allein meine Sache. Vergebung beginnt im Willen, nicht im Gefühl. Ich entscheide mich. Ich vergebe! Dann beginnt die Arbeit. Das Gefühl, Hass, Wut, Schmerz und Scham sagen nein. Bekenne jeden Tag neu: Ich habe vergeben. Und du darfst erleben, dass diese so belastenden Gefühle leiser werden. Und eines Tages darfst du sagen: Ich erinnere mich, ja, aber ich bin frei, bin nicht mehr besetzt von dem, was mir angetan wurde. – Da ist eine Brücke zwischen Himmel und Erde. Dort steht Jesus, mit Heil und Heilung. Hier stehen wir. Mit unseren Gebeten. Wir erwarten Jesus. Wir warten auf Jesus. Die Gesunden und Kranken. Wir bitten: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ (Jer 17,14) Amen.

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