Alles ist Geschenk (Oßling)

Alles ist Geschenk (Oßling)

2Kor 6, 1-10                                                              Invokavit – Oßling, am 06.03.2022

„Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt. Denn er spricht: (Jes 49,8): Ich habe dich zur Zeit der Gnade erhört und habe dir am Tage des Heils geholfen. Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils! Und wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert werde, sondern in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten, in Lauterkeit, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungefärbter Liebe, in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken, in Ehre und Schande; in bösen Gerüchten und guten Gerüchten, als Verführer und doch wahrhaftig; als die Unbekannten, und doch bekannt; als die Sterbenden und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht getötet; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben, und doch alles haben.“

Liebe Gemeinde! Kurz vor der Konfirmation besprach ich mit den Konfirmanden ihren Konfirmationsspruch. Jeder durfte sich dann für einen entscheiden. Bei Aaron war es ganz klar, er sagte, das ist meiner: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Als Erklärung für seine Wahl sagte er uns allen einen unvergesslichen Satz: Alles ist Geschenk. Wie recht er hat. Das ist die Welt mit den Augen Gottes gesehen. So einen großartigen Satz sagt uns auch Paulus: „Als die nichts haben, und doch alles haben.“ Alles hast du als Geschenk. Gnade. Mit diesem Erkennen, Erinnern, schauen wir auf unsere Welt. Die Menschheit steckt im Schlamassel. Der Krieg in der Ukraine bestimmt die Nachrichten. Die anderen kriegerischen Konflikte werden darüber fast vergessen. Die krassen Gegensätze von arm und reich. Angst, viel Angst vor Krankheit. Und wir leben in dieser Welt und haben auch unseren persönlichen Schlamassel, Fragen, Nöte, Bedrängnis-se. Wie sehen wir das? Wenn Paulus hier von seiner Verstrickung in den Schlamassel der Welt berichtet, stimmt er kein Klagelied an „Ach, du böse Welt“. Er sagt schlicht: Ich muss mich in alles hineingeben, damit überall Jesus zur Sprache kommt. Und – mein eigner Glaube sich bewährt, reift. Zehn Situationen benennt er, in denen sein Glaube geschliffen, gepresst, getreten, gestärkt, bedrängt wird: „In allem erweisen wir uns als die Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhren, in Mühen, im Wachen, im Fasten.“ Darin nicht zu verzweifeln  ist allein schon ein Geschenk Gottes. Dabei dann aber auch noch den ‚Auftrag der Verkündigung durchzuhalten, ist eine besondere Gnade. Hier ahnen wir, was Paulus mit den Worten „Dienst“ und „Diener Gottes“ meint. Das geht weit über die gängige Vorstellung von Arbeit oder Aufgabe hinaus. Dazu ist Hingabe, Verzicht, Engagement und Liebe für seinen Auftraggeber und Mitmenschen in Grö0ßenordnungen nötig. Paulus hat sich diese bedrängenden Situationen weder gesucht noch geliebt. Geliebt hat er seinen Herrn. Und in der Nachfolge Jesu, mitten im Schlamassel, die Erfahrung gemacht: Mit Jesus gibt es einen Weg, Jesu Weg. Mit Jesu Hilfe bewältigen wir den ganzen Prassel. Prassel meint ja all das, was uns dauernd vor den Füßen im Wege ist, und schmerzhaft auf die Zehen fällt, uns müde macht. Paulus beschreibt, wie er mit seinem Prassel fertig geworden ist. Er nimmt dazu das Wörtchen „in“. So, als würde er einen Schutzanzug anziehen. Er hat davon acht Stück in seiner geistlichen Garderobe und schreibt: Ich halte durch„in Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in ungefärbter Liebe, in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes.“ Es ist das Geheimnis seiner Kraft, dass er weiß: Ich habe diese Kraft nicht aus mir. Immer neu betont er: Die Kraft bekomme ich von Jesus. Jesu Geist ist die Kraft, die in den Gemeinden wirkt. Es ist Jesu Wort, was Menschenherzen anrührt. Seine Verkündigung geschieht mit vier bewährten Mitteln: „In Ehrlichkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit.“ Paulus brauchte viel Langmut, immer wieder von vorn zu beginnen, die Botschaft vom auferstandenen Christus den Menschen zu erzählen, bis sie selbst so weit waren, das Evangelium weiterzusagen. Wir wissen ja selbst genau, dass wir mit Freundlichkeit viel mehr erreichen, als mit Druck, Zorn und Gewalt. Wie Gottes Kraft und Hilfe durch ihn wirksam wird, beschreibt Paulus mit den Worten „Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken“. Links den Schild des Glaubens, rechts das Wort Gottes. An der Seite Jesu, unter seiner Führung, erleben wir die Wunder seiner Kraft. Wer in, an ihm bleibt, erlebt das größte Glück – oder, mit unserm heutigen Wortspiel: der hat unverdienten Massel. Er lebt auf dem Glaubensfundament: Jesus hat uns mit dem himmlischen Vater versöhnt. Das wendet die Lebenssituation nicht nur grundlegend, sondern endgültig. Das wandelt aussichtslos erscheinende Lebenslagen in Hoffnung. Paulus kann mit Blick auf sich und Christus sagen: Wir wandern hier als „Sterbende, und siehe, wir leben“ oder: „Als die Traurigen aber allezeit fröhlich“. Haben wir das nicht schon erlebt: da tragen wir einen lieben Menschen zu Grabe, es tut weh und wir trauern. Dann singen wir gemeinsam, erinnern uns gegenseitig, dass Jesus das tor zum Leben geöffnet hat und erfahren tiefen Trost. Wie war das, als wir einen einsamen besuchten. Wir teilten eine Stunde mit ihm, hörten, beteten. Beim Nachhause gehen spürten wir dankbar: Ich habe nicht nur jemanden Freude gebracht, sondern bin selbst froh geworden. „Als die Traurigen, aber allezeit fröhlich.“ Solches Glück, oder wie wir es heute einmal nennen: solchen Massel, in allem Prassel und Schlamassel haben, dass aus einer hoffnungslosen Lage etwas Gutes wird – das wird uns geschenkt, aus Gnade, von Christus. Wir wollen an und in Jesus bleiben. So wird sich Jesu segnende Spur weiter durch unser Leben ziehen. Und wir dürfen mit Paulus ausrufen, was Jesus aus uns gemacht hat und wer wir durch ihn sind: „Den Menschen sind wir unbekannt, aber Gott kennt uns: wir sind sterblich und werden doch ewig leben; wir laufen durch Bedrängnisse und Anfechtung, aber kommen nicht vom Weg ab; wir teilen die Trauer mit den Traurigen und sind doch fröhlich in Gott; wir sind arm und machen doch viele durch die Botschaft von Jesus reich; vor Gott haben wir nichts und doch in Jesus alles.“ Wie hatte Aaron so treffend gesagt? Alles ist Geschenk. Amen.

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