Erntedankfest

Erntedankfest

Jes 58, 7-12                                                                         Erntedankfest – Großgrabe/Oßling, am 10.09.2017

 

„Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe in dein Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemanden unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: „Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne.“

 

Liebe Gemeinde zum Erntedankfest! Danke. Dankeschön an alle Bauern, im Stall, auf dem Feld. Danke an den Müller, den Bäcker für das Brot; den Jäger für die Hege des Wildes, den Teichwirt für den Fisch und der Brauerei in Lieske für ihr leckeres Bier in den schönen Flaschen mit Schnappverschluss. Dankeschön an alle, die arbeiten, auch für uns: Die Verkäuferin, der Polizist, der Lehrer und Klempner, Computerfachmann und Journalist. Dank an die Kinder, die so viel Freude und Verantwortungsgefühl in uns wecken. Danke-schön allen Altgewordnen, die unser Vaterland nach dem Krieg aufgebaut haben. Danke allen Menschen in unserm Land, die voller Hilfsbereitschaft und Mitgefühl ihre Zeit und Kraft für die Heimatlosen dransetzen. Und für die Hungrigen, ohne das Nötigste. Danke an unser Volk, das in den letzten zwei Jahren 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat. Da wurde praktisch getan, was unser Predigttext sagt: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!“ Asylsuchende, damit ist ein Thema aufgerufen, das jeden umtreibt. Auch im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielt. Deshalb zuerst: Danke für alle Menschlichkeit. Wer menschlich handelt, teilt. Nicht nur Brot und Haus. Teilt Probleme, wir sind herausgefordert durch die aktuellen Probleme. Über Probleme muss man offen reden, sonst hat man ein Problem. Eines heißt, dass man scheinbar Probleme bekommt, wenn man sagt: Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Aber es stimmt: Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Genauso wenig wie das Oktoberfest nach Mekka. Aber die Menschen islamischen Glaubens dürfen hier sein. So unser Grundgesetz. Zwischen Dasein und Zugehörigkeit besteht aber ein großer Unterschied. Der darf nicht verwischt werden. Denn Zugehörigkeit – hat mit Wurzel zu tun. Seit knapp 2.000 Jahren hat sich das Christentum in Europa verwurzelt, bis hinein in unser Grundgesetz. Der Koran hat unser Grundgesetz definitiv nicht geprägt. Auch nicht der Buddhismus, Hinduismus oder die Religion der Aborigines. Die gehört auch nicht zu Deutschland, selbst wenn Menschen mit solchem Glauben hier leben. Warum spreche ich von der in unserm Land stattfindenden Auseinandersetzung des Islam mit dem Christentum. Warum spreche ich von den Problemen, die die kulturelle und religiöse Prägung der Menschen aus arabischen und afrikanischen Ländern hier hervorbringen? Wohl, weil es eine aktuelle Problematik ist, in der wir gerade leben. Zuerst aber, weil wir dadurch am eigenen Leibe hautnah erfahren, dass Menschlichkeit auch kostet. Unser Land, unser Volk hat sehr human auf die Flüchtlingskrise reagiert: „Brich dem Hungrigen dein Brot.“ Hier muss keiner hungern. „Die im Elend ohne Haus sind gib Unterkunft.“ Jeder hat Dach, Bett und Geld zum Leben bekommen. Danke Deutschland, sagen viele Beschenkte. Aber sehr viele in unserm Volk fragen jetzt: Wie weiter? Am 24. September werden die Deutschen das auf den Wahlscheinen ankreuzen; die Partei wählen, wo sie meinen, die kann uns durch diese Frage führen. Oder auch die Wahl verweigern. Fachleute aus Wirtschaft und Politik, den Medien und der Finanzwirtschaft werden sich mit dieser Frage befassen, befassen müssen: Wie jetzt weiter? Ich bin euer Pfarrer. Ich halte euch keine politischen Reden, sondern zeige auf den Zusammenhang von politischen Handeln und Gottes Wirken. Unser Tun im Alltag bis hin zu den weitreichenden Entscheidungen unserer Wirtschaft und Regierung – alles steht auch immer vor Gott.  Deshalb fragen wir nicht nur: Wie passt das für uns und unser Miteinander? Sondern auch, und vor allem: Was sagt der Herr dazu?  Deshalb – was Menschen auch denken. Vor Gott findet es Anerkennung und Lob, wenn folgendes geschieht: „Brich dem Hungrigen dein Brot, den Heimatlosen gib Unterkunft.“ Wenn Menschen oder gar ein Volk tun, was recht und gut vor Gott ist, antwortet Gott mit Segen, hier so beschrieben: „Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten.“ Gott wird unser Volk für alle erwiesene Menschlichkeit segnen. Erntedank, ihr Lieben, hat uns heute nicht auf den Acker vor unserer Haustür, sondern auf´s Feld der Politik geführt. Der Weg des Glaubens geht nicht am Menschen und der harten Wirklichkeit der Welt vorbei. Menschen, die sich Nöte anderer zu eigen machen, bekommen am Ende unseres Predigttextes diese merk-würdigen Namen: „Wegeausbesserer“ und „Lückenschließer“. Es ist ein Segensname. Ein Ehrenname für Menschen, die Gott für die Gaben nicht nur danken, sondern diese teilen. Es sind Menschen, die im Herzen wissen: es kommt nicht darauf an, wie viel wir tun, sondern wie viel wir lieben. Erntedank heute will uns in diese Bewegung, die wir Liebe nennen, mit hineinnehmen: Empfangen, danken, teilen. Mit Gott im Rücken werden wir jedenfalls nicht ärmer. Anfangs dankte ich allen für ihre Arbeit. Am Schluss sagen wir gemeinsam: Gott sei Dank! Die Wucht der Probleme in Deutschland oder gar auf der Welt sollte uns dabei nicht entmutigen. Mit Gott im Rücken sind wir jedenfalls nicht allein. Ich weiß nicht, ob uns einmal der Ehrentitel „Lückenschließer“ oder „Wegebauer“ zugesprochen wird. Vielleicht nennt man uns auch „Friedensstifter“ oder „Brückenbauer“ oder einfach nur „Brüder und Schwestern“. Amen.

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