Ewigkeitssonntag

Ewigkeitssonntag

Offb 21, 1-7                   Ewigkeitssonntag/Totensonntag – Oßling/Großgrabe, am 22.11.2020

„Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“

Liebe Gemeinde am Ewigkeitssonntag! Welche Tränen? „Dann wird Gott abwischen alle Tränen von ihren Augen.“ Bei der Ankunft in Gottes neuer Welt fließen die Tränen. Emotionen, Gefühle. Jedenfalls gehen uns die Augen auf über den neuen Himmel, der neuen Erde. Nichts Böses mehr, nur Liebe. „Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ Die ewige Herrlichkeit wird den Augen sichtbar. Und die Tränen schießen aus den Augen. Vor Glück, Freude. Ja. Aber nicht nur. Alles muss abfließen, geheilt, gereinigt werden. So fließen sie, die Tränen des Schmerzes über Erlittenes und Angetanes. Tränen der Reue und Sehnsucht, Ungehorsam und Schuld. Tränen über all´ das Vergebliche des eigenen Willens, der eigenen Wege ohne den Herrn. Tränen des „Warum“. Aber nicht darüber: Warum hat Gott das zugelassen? Nein, die Augen werden feucht darüber: Warum habe ich das zugelassen? Dass ich nicht brennender in Gottes Liebe und seinem Willen gelebt habe. Dass ich so sehr nach Vergänglichem getrachtet habe, ja darauf sogar Hoffnung setzte. Die Reue wird zum ersten Mal überwältigend sein: Warum habe ich den Herrn links liegen lassen? Meine Tage, die geschenkten irdischen, so oberflächlich gelebt, nicht tief verwurzelt in inniger Freundschaft mit dem Herrn? Deshalb, und über allem Hass und Streit, Unversöhnlichkeit und Stolz, fließen die Tränen. Dass alles nach außen tritt in Gottes Licht. Tränen heilen nicht, helfen aber zur Heilung. In den Tränen und durch sie kommt mir der Herr wirklich nahe. Sein Antlitz ist direkt vor mir. Er nimmt ein weißes Linnen und trocknet, voll von Liebe, mir die Augen: „Dann wird Gott abwischen alle Tränen von ihren Augen.“ Jetzt hat das Weinen wohl ein Ende. Er umarmt mich. Lässt mich in seinem Schoß sitzen. Und ich sehe das erste Mal das gesamte Glück meines Lebens: Kind. Ich bin sein Kind. Ich bin Gottes geliebtes Kind, für immer und ewig. Für immer und ewig? Ja. Denn ich darf Jesus sehn, den Gekreuzigten, wie er am Ostermorgen aufersteht. Als Erster zum ewigen Leben: „Und der Tod wird nicht mehr sein.“ Ich sehe Jesus, den Sieger und sitze im Schoß meines Herrn. Darf jetzt die Nägelmale an seinen Händen sehn. Er zeigt sie mir. Denn er hat mein fragendes Erstaunen vernommen: Warum nur darf ich hier sein? Und ich schaue auf die Wunden Jesu. Mein Herr lässt mich jetzt teilhaben an seinem Schmerz. Jesu Schmerz. Er scheint mir unermesslich, entsetzlich. „Deshalb“, sagt mein Herr, „deshalb, mein geliebtes Kind, bist du hier. Ich habe dich erkauft durch mein Blut. Mein Leiden und Sterben ist das Lösegeld.“ Ich schaue auf seine Wunden, verheilt, und doch offen für jeden, der Gnade begehrt. Und sie rinnen wieder, die Tränen. Jetzt aus Dankbarkeit. Für so viel Liebe. Ist jetzt alles ausgestanden? Tod, Leid, Geschrei, Schmerz? Alles ausgestanden, Jesus? „Und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein, denn das erste ist vergangen.“ Es ist vorbei. Vergangen Angst und Leid. Kein Geschrei mehr über Bosheit, kein Schmerz mehr durch Unrecht und Krankheit. Alles Leid vergangen, alles Schreien erhört, aller Schmerz gestillt, alle Krankheit geheilt. Jesus hat es getan. Der Sohn Gottes. So kostbar ist er dem Allerhöchsten, dass gegen ihn Universum und Geschöpfe nichts wiegen. Jesus, der Kostbarste, gab sich als Preis, wurde den verlornen Sündern ein Mensch, teilte ihre Armut und Erniedrigung. Als einzig Freier ohne Sünde löste er die von Satan Gebundenen aus der Macht des Todes, der Hölle, indem er sein Leben gab, hingab. Er befreite sie von der Sünde, indem er sich nicht weigerte, sondern willig ans Kreuz ging. So zerstörte er die Macht Satans, der alle Menschen vor Gott verklagte. Aber Jesus nahm die Anklage und auch die Todesstrafe auf sich. Die Strafe für alle Übertretungen ist am Kreuz vollbracht. Die Anklage null und nichtig. Deshalb hat ihn Gott erhöht und alle Macht verliehen. Deshalb müssen sich vor „Jesus beugen alle Knie derer, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind und müssen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes des Vaters.“ (Phil 2) Jetzt gehen mir die Augen auf, sehe ihn auf dem Thron sitzen: „Und der auf dem Thron saß sprach: Siehe, ich mache alles neu.“ Alles neu: Geschundene Schöpfung, zerbrochne Beziehungen, schuldbeladne Herzen, verängstigte Seelen, von Trauer Gebeugte, durch Scham Zusammengekrümmte. Alles neu: Schuld heilt Jesus in Vergebung. Angst heilt Jesus zu Freiheit. Scham heilt Jesus zu Ehre und Ansehen. Ja, so sieht er mich an. Heilt. Mich. Dich. Alles neu. Du machst alles neu! Welche Freude. Volle Gewissheit, ohne Zweifel, weil ER es verspricht, zusagt, schwört: „Und ER sprach zu mir: es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende.“ Ich lausche dieser einen, machtvollen Stimme. Und diese Stimme weckt in mir einen brennenden Durst: Durst nach Liebe, Gemeinschaft, Ganzheit, eben mein Herz ganz mit ihm teilen. Wie Braut und Bräutigam. Und er vernimmt meinen Durst. Seine Stimme hören jetzt alle Durstigen: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Umsonst. Gnade. Lebendiges Wasser, Liebe, so viel ich will. Geben und nehmen, empfangen und weiterschenken. Wie Braut und Bräutigam. Wie in einer Familie. Gottes Familie. Ich will dazugehören. Für immer und ewig. Amen.

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