Freue dich, Welt!

Freue dich, Welt!

Phil 4, 4-7                                               4. Advent – Oßling/Großgrabe, am 18.12.2022

„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Liebe Gemeinde am 4. Advent! Das kommt dir und mir gerade recht, dieses: „Freuet euch!“Auch das lasse ich mir gerne sagen: „Sorgt euch um nichts!“ Weil das Lebensgefühl heute anders ist als vor 30 Jahren. Der Schwung ist raus. Und die Zuversicht der Menschen hier ist verblasst. Ungewissheit und Furcht sind greifbarer als Gelassenheit und Lebensfreude. Pure kindliche Freude ist Mangelware. Viele um ums sind in einen Ringkampf verwickelt mit den Alltagssorgen und Existenzängsten. Du auch? Ich manchmal schon. Weil, ich schwebe ja nicht über den Dingen. Da kommt jetzt dieser andere Klang, fast wie aus einer anderen Sphäre: Freue dich. Nochmals: Freue dich! Mach dir keine Sorgen. Was geschieht hier? Etwas einfaches, schlichtes. Was jeder braucht wie das täglich Brot: Die Erinnerung: Der Herr ist da. Er ist allemal größer als die Sorgen. Größer, als alles, was dein Herz bedrückt. Er sorgt – für dich. Er sorgt sich um dich. Er ist dir nahe. Ja, der Herr ist nahe! Wenn das kein Grund zur Freude ist. Es ist diese Art Freude, wenn der Anruf von einem geliebten, langerwarteten Menschen kommt: „Ich bin jetzt unterwegs, gegen Abend bin ich dann bei euch!“ Jedenfalls will ich heute diesem Wort folgen und mich freuen: an Jesus, seinem Wort, seiner Fürsorge, seiner Treue und seiner Gegenwart. Jesus und die Freude stehen hier im Zusammenhang: Freude – „Der Herr ist nahe!“ Die Nähe Jesu hat zwei Seiten: einmal seine sichtbare Wiederkunft und – seine unsichtbare Gegenwart. Beides ist hier wohl gemeint. Ich hoffe mit euch ganz fest darauf: Bald wird Jesus sichtbar wiederkommen, die Erde und die Menschen richten und uns seine ewige Freude und Herrlichkeit schenken. Darauf freue ich mich. In der Jungen Gemeinde, also „in alten Zeiten“ haben wir das besungen: „Wenn Christus kommt, dann wird alles gut, keine Trauer mehr, nur Freude wird da sein.“ Es ist tatsächlich so: Die Freude auf das Kommen Jesu beflügelt uns, lässt uns alles hier als das erkennen, was es vor Gott ist: Vorletztes. Ich singe auch gern die Strophe von Paul Gerhardt: „Kreuz und Elende das nimmt ein Ende. Nach Meeresbrausen und Windessausen leuchtet der Sonne gewünschtes Gesicht. Freude die Fülle und selige Stille, wird mich erwarten im himmlischen Garten, dahin sind meine Gedanken gericht.“ (EG 449) Neben der Freude auf die Wiederkunft, die tiefer ist als Fröhlichkeit oder Spaß, steht auch die Freude über seine Gegenwart. Der Herr ist mir nahe. Er ist uns jetzt nahe. Hier wird uns versichert: „Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts.“ Na, wir sollen uns schon sorgen, ganz gewiss. Die gottgewollten Sorgen machen sich an der Liebe und Verantwortung fest. Das will der Herr. Alles, was Liebe ist, darum sollen wir uns sorgen. Was unsere Verantwortung betrifft, na da gibt es doch sicher viel Arbeit, Mühe und Sorge. Die Menschen, die mit uns leben und arbeiten, na sicher sind auch sie unsere Sorge. Die werden ja hier ausdrücklich mit benannt: „Eure Güte lasst kund sein allen Menschen.“ Und Güte ist nicht nur ein freundliches „Guten Tag!“ Güte hat jeder verdient. Jeder! Güte fließt von einem zum andern und hat mit gut sein zu tun. Und mit Großzügigkeit, Humor und Verzeihen. Und gut denken. Und niemals schlecht über den andern reden. Güte hat so viele Gesichter, du bist eins davon. Wer an Jesus glaubt, für den hat Güte auch eine geistliche Seite: Hände falten statt Sorgenfalten: In allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden.“  Das Gebet. Wir sind gütig, ja. Machen anderen eine Freude, Ja. Gütig sein ist auch beten für andere. Wir bitten den Herrn: „Jesus, stell deine Engel um unsere Nachbarn her, erfülle ihre Familie mit Liebe, lass ihre Arbeit Erfolg bringen, schenke ihnen ein fröhliches Herz und einen guten Schlaf. Tröste sie in aller Traurigkeit und gib ihnen deinen Frieden.“ Ja, der Frieden. Ein großes Thema. Aber hier ist zuerst einmal vom Frieden Gottes die Rede. Dass er mit der Güte verbunden ist. Dass aus Gottes Güte der Frieden fließt, der höher ist als alle Vernunft: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ Das kommende Jahr ist ein Jubiläumsjahr des Westfälischen Friedens. Vor 375 Jahren wurde er nach dem grausamen 30-jährigen Krieg in zähen, mehrjährigen Verhandlungen geschlossen. Der Krieg hat Tod, Verletzungen, Verachtung, Niederlagen, Wunden und Narben in den Seelen der Menschen hinterlassen. Und dann der große Wurf: ein Friedensvertrag, 1648 in Münster und Osnabrück verkündet. Darin heißt es in Artikel 1: „Es möge ein christlicher, allgemeiner und immerwährender Friede sowie wahre und aufrichtige Freundschaft herrschen … und es soll dieser [Friede] aufrichtig und ernstlich eingehalten und beachtet werden, auf dass jeder Teil Nutzen, Ehre und Vorteil des anderen fördere und dass … treue Nachbarschaft, wahrer Friede und echte Freundschaft neu erwachsen und erblühen möge.“ Im 2. Artikel heißt es: „Beide Seiten gewähren einander immerwährendes Vergessen und Amnestie alles dessen, was seit Beginn der Kriegshandlungen an irgendeinem Ort und auf irgendeine Weise von dem einen oder anderen Teil, hüben wie drüben, in feindlicher Absicht begangen worden ist, und zwar in der Weise, dass einer dem anderen weder aus dem einen noch aus dem anderen Grund oder Vorwand künftig irgendwelche feindselige Handlungen, Streitigkeiten oder Belästigungen zufügt. Außerdem wird festgehalten, dass „Religion“ nicht dazu verwendet werden darf, Konflikte und Kriege zu begründen. Sondern Religion soll als Motivation für den Frieden dienen. Denn sie weiß um die Nähe Gottes.“ – Was für weitsichtige, weise Beschlüsse, wenn es darum geht, dem Frieden, der höher ist als all unsere Vernunft, eine Chance auf Erden zu geben. Hoch aktuell, kaum umsetzbar bei den Verletzungen, die über Generationen verheilen müssen. Doch so fließt Frieden aus der Güte, die Menschen einander kund sein lassen. Kann es sein, dass der Friede, welcher höher ist als unsere Vernunft, hier in dem Friedensvertrag bereits Spuren hinterlassen hat? Was nimmst du heute mit? Das „Freuet euch!“ Die Güte, die du verdient hast, die Gott dir schenkt? Dass der Herr nahe ist, bald kommen wird? Oder der Friede Gottes? Ich nehme mir die Freude zu Herzen, die kann ich gerade am besten gebrauchen: „Freuet euch in dem Herrn allewege und abermals sage ich: Freuet euch!“ Amen.

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