Gottes Dienst Anweisung

Gottes Dienst Anweisung

Gottes Dienst Anweisung

Letzten Monat hatten wir im Lichtblick einen ganz ähnlichen Titel wie heute. Da ging es um das Thema „Gottes Dienst Leistung“. Da haben wir das Wort „Gottesdienst“ sehr genau unter die Lupe genommen und dazu einen Vers aus dem Römerbrief betrachtet. Und zur Erinnerung habe ich euch den noch mal mitgebracht.

1 Brüder und Schwestern, weil Gott so viel Erbarmen mit euch gehabt hat, bitte und ermahne ich euch: Stellt euer ganzes Leben Gott zur Verfügung!Bringt euch Gott als lebendiges Opfer dar, ein Opfer völliger Hingabe, an dem er Freude hat. Das ist für euch der »vernunftgemäße« Gottesdienst.
(Röm.12,1;NLB)

Und wir hatten festgehalten: Gottesdienst ist mehr als eine Veranstaltung oder eine Dienstleistung. Gottesdienst bedeutet hingebungsvoll zu leben. Gottesdienst ist eine lebensbejahende und Leben spendende Herzenshaltung, mit der wir allen Bereichen unseres Lebens begegnen sollen.

Bei all den Überlegungen über Gottesdienst und Hingabe sind wir aber doch alles in allem sehr theoretisch geblieben. Vielleicht hat das auch jemanden unter uns verwirrt oder überfordert. Heute soll es dagegen etwas praktischer werden. Und meine Hoffnung ist, dass wir am Ende sehen, dass das Thema Gottesdienst im Grunde gar nicht so überwältigend groß, abstrakt oder auch festgefahren ist, wie es vielleicht manchmal scheint.

Nun stehen wir ja leider vor einem Hindernis, das uns vielleicht gar nicht unbedingt als ein solches bewusst ist. Wir haben ja meistens schon eine gewisse Vorstellung davon, wie Gottesdienst aussehen soll. Ich spreche jetzt von einem Gottesdienst im Sinne einer Veranstalung. Wir sind es gewohnt, dass es da immer irgendwie eine Predigt gibt, da gibt’s einen Rahmen, der häufig Musik beinhaltet. Da gibt’s eine so genannte Liturgie, die verschiedene Elemente miteinander verbindet. Und all das gibt’s in unterschiedlichen Formen, aber es sind im Grunde häufig wiederkehrende Muster, die sich irgendwie, irgendwann mal aus sicherlich guten Gründen so entwickelt haben.

Aber es wäre doch zu schön, wenn man das Ganze mal vollkommen ursprünglich betrachten könnte. So den initialen Ansatz eines Gottesdienstes. Quasi die Geburtsstunde dessen, wie Menschen ohne eine spezielle Anweisung, Gottesdienst gelebt haben.

Und genau das wollen wir heute tun. Wir wollen uns anschauen, wie die erste Gemeinde Gottesdienst gelebt hat. Und ich will auch heute nur einen Vers betrachten. Aber damit wir alle wissen, wo wir stehen, erzähle ich kurz, in welchem Kontext dieser Vers steht.

Jesus war gestorben. Er war hingerichtet worden. Die Jünger, seine Freunde, die alle Hoffnung auf ihn gesetzt hatten, waren erschüttert und verzweifelt. Ihr Anführer, ihr Meister war weg. Wie sollte es jetzt weitergehen? Doch dann war Jesus von den Toten auferstanden. Er war ihnen begegnet. Er hat viel Zeit mit ihnen verbracht. Vierzig Tage, die, wie ich glaube, für die Jünger und ihren Glauben noch mal richtig wichtig waren. Und dann? Dann gibt Jesus das Heft aus der Hand. Er verabschiedet sich in den Himmel. Seine Jünger bleiben auf der Erde zurück. Und nach zehn weiteren Tagen sitzen die Jünger wieder zusammen und es passiert etwas Unerklärliches. Wie ein Brausen, wie Feuerzungen kommt der Heilige Geist, also Gott selbst, über sie und sie werden von ihm erfüllt. Und sie können auf einmal in fremden Sprachen sprechen und Petrus fängt an zu predigen. Er erzählt von dem, was Jesus gesagt hat, was er mit Jesus erlebt hat und was er deswegen jetzt glaubt. Und die Leute hören das und sind völlig überwältigt. Sie fragen ihn, was sie denn jetzt tun sollen. Und Petrus sagt: Kehrt zu Gott um und lasst euch als Zeichen dafür, dass ihr jetzt mit und für und Jesus in euch leben wollt, taufen. Und das machen die dann auch. Und genau in diesem Moment sind sie plötzlich Gemeinde. Die erste christliche Gemeinde der Weltgeschichte. Eine Gemeinde, die noch nie einen Gottesdienst gefeiert hat. Abgesehen natürlich von den Erfahrungen aus ihrem jüdischen Glauben und vielleicht der ein oder anderen Begegnungen mit Jesus oder seinen Jüngern. Aber  trotzdem noch ist alles offen. Und dann kommt der Vers, den ich heute gerne mit euch anschauen möchte:

42 Sie alle widmeten sich eifrig dem, was für sie als Gemeinde wichtig war: Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen, sie hielten in gegenseitiger Liebe zusammen, sie feierten das Mahl des Herrn, und sie beteten gemeinsam.

(Apg.2,42; GNB)

Wir hören schon im Einleitungssatz die Hingabe heraus, von der wir das letzte Mal gesprochen hatten. Und das, obwohl sie diesen Vers aus dem Römerbrief noch gar nicht kennen konnten. Sie widmeten sich eifrig dem, was für sie als Gemeinde wichtig war. Und dann werden in diesem Vers vier Aspekte genannt, die ab jetzt für sie zum festen Bestandteil ihres Gottesdienst werden. Und ich möchte sie gerne mal die vier Säulen ihres Gottesdienstes nennen: 1) Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen, 2) sie hielten in gegenseitiger Liebe zusammen, 3) sie feierten das Mahl des Herrn, und 4) sie beteten gemeinsam. Und ich glaube im Grunde, sind alle vier Aspekte überhaupt nicht kompliziert. Ja, sie sind sogar so einfach: Im Grunde kann das jeder. Schauen wir uns das Punkt für Punkt an.

1) Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen

Vergegenwärtigen wir uns noch mal die Situation. Jesus war leiblich nicht mehr da. Eigentlich wäre er als Lehrer natürlich die erste Wahl gewesen. Aber er hatte ja seine Jünger, die die letzten Jahre intensiv mit ihm zusammengelebt hatten, ausgesandt. Deshalb heißen sie Apostel, was nichts anderes als Gesandte bedeutet. Und die geben jetzt erst mal einfach wieder, was Jesus gesagt hat, was sie mit ihm erlebt und was sie daraus gelernt haben, so wie Petrus das an Pfingsten macht. Das ist die Lehre der Apostel. Und das gibt sich die Gemeinde jetzt.

Na gut, aber wenn man das auf heute übertragen wollte, wie sollte das dann heute aussehen? Vielleicht haben wir da sofort den Pfarrer im Talar vor Augen oder einen hauptamtlichen Jugendmitarbeiter, der zwanzig Minuten komplizierte geistliche Zusammenhänge erklärt. Aber wenn so jemand mal nicht da ist, was macht man dann? Die meisten von uns haben doch gar nicht Theologie studiert.

Ich kann uns beruhigen. Von denen, die damals dabei waren, hatte überhaupt keiner Theologie studiert. Später, der Paulus, der hatte so was wie Theologie studiert, aber der sollte ja auch noch das halbe neue Testament schreiben. Und genau da sind wir auch schon beim Punkt: Natürlich können wir die Apostel von damals nicht mehr persönlich nach ihrer Lehre fragen. Aber wir leben in der wunderbaren Situation, dass uns so vieles, was die Apostel gelehrt haben, heute schriftlich und sogar in halbwegs verständlichem Deutsch vorliegt. Natürlich nicht alles. Und natürlich ist vieles von dem, was die geschrieben haben, manchmal schwer verständlich und zum Teil auch nicht immer eindeutig. Und natürlich hat es vor diesem Hintergrund auch seine Berechtigung und Notwendigkeit, dass es Theologen und Prediger gibt, die all das ganz intensiv lernen, und hoffentlich so wiedergeben können, dass wir das besser verstehen. Aber ich glaube, dass vieles, insbesondere das, was das tägliche Leben angeht, im Grunde nicht schwer zu verstehen ist. „Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen.“ Das ist nicht theologisch kompliziert. Da muss man nicht studiert haben, um den Inhalt zu verstehen. Das ist menschlich herausfordernd. Das ist in der Umsetzung kompliziert. Aber da hilft dir auch kein Theologiestudium. Jemand hat mal gesagt: „Mir machen nicht die Bibelstellen Kopfschmerzen, die ich nicht verstehe. Mir machen die Bibelstellen Kopfschmerzen, die ich verstehe.“

Ich glaube, eine ganz simple Form, wie es aussehen kann, wenn im Gottesdienst die Lehre der Apostel Raum einnimmt, ist, wenn wir uns das anschauen, was sie gesagt haben. Wir schauen in die Bibel und lesen, was sie aufgeschrieben haben. Wenn sich dann noch jemand findet, der erzählen kann, was er oder sie mit diesem oder jenem Abschnitt schon erlebt hat, dann ist das doch super. Das muss ja gar keine zwanzig-minütige Drei-Punkte-Predigt sein. Und unter uns, die Predigt von Petrus an Pfingsten hat keine drei Minuten gedauert. Im Grunde kann das jeder.

2) Sie hielten in gegenseitiger Liebe zusammen.

Zugegeben, das klingt in dieser Übersetzung schon ziemlich romantisch. Und in den weiteren Versen lesen wir davon, dass dieser Zusammenhalt der ersten Gemeinde tatsächlich ein ganz besonderer gewesen sein muss. Klar, jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Man kann das auch gruppenpsychologisch erklären, dass am Anfang einer solchen Gemeinschaft nach der anfänglichen Unsicherheit so eine euphorische Stimmung aufkommen kann. Alle sind begeistert und fühlen sich so eng miteinander verbunden. Bis irgendwann eine Phase der Ernüchterung einsetzt. Wo man mit der Realität konfrontiert wird, wo Spannungen aufkommen. Das ist völlig normal und ich kann euch beruhigen. Das war auch bei dieser ersten Gemeinde so.

In einer anderen Übersetzung wird dieser Abschnitt mit „Sie blieben beständig in der Gemeinschaft“ übersetzt. Und das ist etwas näher am ursprünglichen Text. Und das Wort „Gemeinschaft“, im Griechischen „Koinonia“ ist sehr interessant. Manchmal sagen wir ja so Dinge wie: „Heute hab ich mich im Gottesdienst so richtig wohl gefühlt. Ich hab mich vorher und nachher gut unterhalten, wir haben gemeinsam gelacht und gebetet. Wir hatten heute einfach eine gute Gemeinschaft.“ Und das ist super. Aber das ist nicht  mit Koinonia gemeint. Koinonia ist keine Gemeinschaft, die man hat, sondern die man bildet. Das ist eine Verbindung, die man eingegangen ist. Es ist das Verständnis einer Mitgliedschaft. Wie die Gefährten in „Herr der Ringe“. Die hatten auf dem Weg nach Mordor nicht einfach eine gute Gemeinschaft mit Lagerfeuer und Stockbrot. Sondern sie bildeten eine starke Gemeinschaft, um den Ring der Macht zu zerstören, selbst als sie getrennte Wege gehen mussten.

Paulus vergleicht die Gemeinde im ersten Korintherbrief deshalb nicht ohne Grund mit einem menschlichen Körper, wo kein Körperteil sagen kann: „Ich gehör nicht dazu, weil ich nicht so bin wie die anderen, weil ich nicht den Eindruck habe, dass wir hier eine gute Gemeinschaft untereinander haben.“ Eine Gemeinschaft zu bilden ist mehr als eine Gemeinschaft zu haben.

Und doch glaube ich, dass „Gemeinschaft haben“ jedes „Gemeinschaft bilden“ begleiten muss. Wenn ein Fuß sich ständig taub anfühlt, weil er eingeschlafen ist, weil da gerade zu wenig Herzblut hineinfließt, bleibt er Teil des Körpers, aber das ist kein Zustand den man so lassen kann. Und gerade das „Gemeinschaft haben“ war in den letzten zwei Jahren zum Teil ja sehr schwer. Und ich weiß, dass auch unter uns einige sehr darunter gelitten haben. Ich glaube, dass Möglichkeiten zum „Gemeinschaft haben“ zu schaffen, genauso Gottesdienst ist wie Lobpreis, Predigt oder sonst irgendwas.

In der Jugend machen wir nächsten Freitag zum Beispiel mal einen Speed-Dating-Abend. Zufällig mit anderen aus dem Input für eine Zeit ins Gespräch kommen, mit denen man sonst vielleicht nicht so viel Kontakt hat. Wird mit Sicherheit ein genialer Gottesdienst. Gibt bestimmt auch Ideen, wie man solche Impulse mal im Lichtblick umsetzt. Im Grunde kann das jeder.

3) Sie feierten das Mahl des Herrn.

Ok, jetzt wird’s doch noch mal theologisch. Wegen dieser Thematik haben sich in der Kirchengeschichte schon ganze Denominationen gestritten. Und auch in der evangelischen Kirche ist das Thema Abendmahl nach wie vor so sensibel, dass nur Pfarrer oder entsprechend eingesetzte Personen es austeilen dürfen.

Dabei ist der Grundgedanke, den Jesus und auch die erste Gemeinde damit verfolgt, meiner Meinung nach, sehr simpel. Und ich möchte mit euch an der Stelle gerne ein bisschen was von meinem Abendmahls-Verständnis mit euch teilen. Nehmt das also bitte als einen Denkanstoß und nicht als Dogma mit.

Als Jesus das erste Abendmahl mit seinen Jüngern gefeiert hat, hat er etwas sehr geniales gemacht. Er hat ein Geheimnis weitergegeben, ohne es wirklich zu lüften. Das Geheimnis, um das es hier geht, ist die Frage: „Was hat Jesus eigentlich durch seinen Tod und seine Auferstehung bewirkt?“ Ja, es gibt Antwort-Ansätze, die alle irgendwie richtig sind: „Er hat die Sünde der Welt getragen, er hat den Tod besiegt, Erlösung bewirkt, den Zugang zu Gott ermöglicht, ewiges Leben geschenkt“. Alles Themen, über die es sich lohnt nachzudenken, und zu predigen. Aber ganz ehrlich: Hast du den Eindruck, wirklich verstanden zu haben, was auch nur eine dieser Aspekte letztendlich bedeutet? Ich zumindest nicht. Es bleibt ein Geheimnis. Aber ein Geheimnis, auf das man nicht verzichten kann. So, wie man nicht auf Essen und Trinken verzichten kann, nur weil man nicht versteht, wie die Nährstoffe darin letztendlich bewirken, dass du und ich überhaupt leben können. Und genau deshalb wählt Jesus auch das Bild von der Nahrungsaufnahme, von Brot und Wein, um seiner Gemeinde eine Möglichkeit zu geben, dieses Geheimnis in sich aufzunehmen und aus dieser Kraft zu leben.

Wie gesagt, so verstehe ich das. Und es ist mir etwas Heiliges, also etwas letztlich unverständliches. Deshalb verstehe ich auch, warum das Thema so sensibel behandelt wird. Aber im Grunde, ist es so einfach wie Brot und Wein in sich aufzunehmen. Wäre schön, wenn man die Schwelle dafür nicht so hoch hängen würde. Denn im Grunde kann das jeder.

4) Sie beteten gemeinsam.

Die erste Gemeinde bezieht Gott in ihre Kommunikation mit ein. Und ich hoffe, ihr habt noch ein bisschen Kapazitäten. Denn über das Thema  Gebet gibt es so viel zu sagen. Deshalb möchte ich euch nur einen kurzen Abriss darüber geben, was das im Zusammenhang mit unserem Thema bedeutet. Es bedeutet: Im Grunde kann das jeder.

Und das sind sie. Die vier Säulen des Gottesdienstes der ersten Gemeinde. Ganz ursprünglich. Noch in keiner festen Form. Im Kontext, in dem sie stehen, werden sie nicht mal als Anordnung formuliert. Es ist einfach die Beschreibung dessen, was die erste Gemeinde gemacht hat. Gott traut dieser Gemeinde zu, ihre eigene Form dafür zu finden. Denn im Grunde kann das jeder. Paulus schreibt in einem seiner Briefe:

26 Was folgt daraus für euch, Brüder und Schwestern? Wenn ihr zum Gottesdienst zusammenkommt, kann jeder und jede etwas dazu beitragen: ein Lied vorsingen oder eine Lehre vortragen oder eine Offenbarung weitergeben oder in unbekannten Sprachen reden oder die Deutung dazu geben. Aber alles muss dem Aufbau der Gemeinde dienen.

(1.Kor.14,26; GNB)

Amen.