Karfreitag

Karfreitag

2Kor 5, 19-21                                           Karfreitag – Oßling/Großgrabe, am 10.04.2020

„Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.“

Liebe Gemeinde am Karfreitag! >Wir blicken in unsere Welt< Komm! So lockt uns unser Predigtwort, ich will dir etwas zeigen: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber.“ Wirf einen oder zwei Blicke auf die Welt, die hier „als die mit Gott Versöhnte“ bezeichnet wird. Und so betrachten wir das Heute, Gestern und Damals. Die Menschen und ihre Geschichte, ihre Unheilsgeschichte. >Der Mensch ist entfremdet: sich und der Welt< Wir sehen giftige Dämpfe aufsteigen, die Luft und Regen verpesten, in der Gier nach Profit. Wir hören Klageschreie der geschundenen Kreatur, fernen Kriegsdonner, Hilfe- und Todesschreie – wir halten uns die Ohren zu. Die Bilder verdichten sich: Tausende, Millionen ausgezehrte Hände flehen um ein Stück Brot, andere in ihrer Nähe halten verzückt die Augen geschlossen und singen schöne, wohl fromme Lieder. Geld und Macht, Angst, Krankheit und Tod ziehen ihre Bahnen. Klagen. Auch in den Himmel: Warum lässt Gott das zu? Viele sind vereinsamt, in sich selbst verkrümmt. Millionen Ungeborene finden schon im Mutterleib den Tod. So viel Schmerz in Familie, Nachbarschaft und Freundschaft. Nein, das schaun wir uns nicht mehr an. „Gott versöhnte die Welt mit sich selber.“ >Die unermessliche Last der Welt< Ob wir etwas erahnen von der unermesslichen Last der Sündengebirge und Schuldsümpfe der „Welt“. Uns ist das zu viel. Ehrlich, mir auch. Wir verschließen davor Augen und Ohren. Nicht, weil du oder ich ohne Erbarmen und Anteilnahme wären – es ist uns einfach zu riesig, zu viel, zu grausam und schrecklich. Ich kann es nicht erfassen, mein Fassungsvermögen ist viel zu klein. Deshalb ist dieses Eingeständnis wohl sehr nahe an der Wahrheit: Wir verstehen die Tiefe, Dunkelheit und Last dieses Wortes in keinster Weise: „…und versöhnte die Welt mit sich selber.“ >Wir wissen fast nichts vom Weltgewicht< Nein, wir verstehen nicht, was Jesus für diese Welt getan hat. Nein, wir verstehen die Größe, das Gewicht dieser Wahrheit nicht, überhaupt nicht. Das betrachte ich. Ich akzeptiere es. Ich kann es nicht begreifen. Aber ich kann dieses biblische Wort doch an mich persönlich gerichtet akzeptieren. Und so ergreifen. Dieses Wort lässt sich bei der Hand nehmen. Wenn Gott sich in Christus versteckt hat, und so die Welt mit sich versöhnte, dann gilt das auch für meine kleine Welt, für mich, mein Leben. Also lassen wir unsere Blicke nicht über die Welt und ihre düstere Schuldgeschichte schweifen. Sondern nehmen diese Botschaft nur für unser Leben, legen sie auf unser Herz. >Ein Wort ist für meine Welt<  Jetzt klingen diese Worte näher, fassbarer: Gott verbarg sich in Christus und versöhnte meine Schuldgeschichte mit sich selber, und liebte mich in meiner Verkrümmung. In meinem Herzen hat das Wort von der Versöhnung die Herrschaft. Ob wir uns jetzt angesprochen wissen, fühlen? Ich ja. Ich bin mit Gott versöhnt. Darauf baue ich mein Vertrauen zu Gott. Und bin auf dieser Baustelle längst noch nicht fertig. – Damit bin ich bei der eigentümlichen Spannung unseres Wortes. >Versöhnte Welt: Lass dich versöhnen!< Denn es proklamiert: Versöhnung ist geschehen, sagt aber im selben Atemzug: Lasst euch versöhnen. Ist Versöhnung nun vollbracht, oder muss sie erst noch geschehen. Der Spannungsbogen liegt in den beiden Worten Vergebung und Versöhnung. Vergebung – das tut einer. Zur Versöhnung gehören zwei. Von seiner Seite aus hat Gott sich mit allem und allen versöhnt durch Christi Leiden und Sterben. Das lasse ich, auch mit dem Blick auf die Last der Welt, so stehen. >Versöhnung und Vergebung< Was nun Gott und dich betrifft, vertraue allein auf den Gekreuzigten. Es gibt keine Sünde dieser Welt, die nicht am Kreuz zernichtet wäre. Alles ist voll und ganz beglichen. Damit ist auch die Anklage Satans entmachtet. Und der Tod, der nur auf den Sünder Zugriff hat, nicht auf den Gerechtfertigten. Kurz, knapp und wirksam ist die Antwort auf jede Sünde: Jesus Christus. Jede Angst und Finsternis hat ein Licht: Jesus Christus. Jede Sorge hat eine Schutzhütte: Jesus Christus. Jeder Tod hat in diesem Namen ein Ende.  >Ergreife Jesus, die Hand des Allmächtigen< Ergreife Christus, denn längst bist du von ihm ergriffen. Geh in die Geborgenheit des Kreuzes und lass Fragen und Ängste, Sünde, Tod und Teufel toben und wüten. Dorthin kommen sie nicht. Die Versöhnung des Kreuzes gilt. Im Himmel, vor Gottes Thron. Und auf Erden, jeden Schritt durch unsere hellen und dunklen Tage. Heute und für immer. Bis in unser Stündlein. – Und darüber sollten wir verschämt schweigen? Oh nein, das werden wir nicht tun. >Wir sind Botschafter des Kreuzes< Wir werden gemeinsam lieben und leuchten, einander verzeihen und achten, Armen helfen und unsrer Armut helfen lassen, werden Schwache ehren und tragen und unsere Schwachheit nicht verstecken, wir werden – ja was? Wir werden in der Kraft des Heiligen Geistes das Werk Jesu ausrichten. Es ist der Auftrag unseres Herrn, der sich mit uns am Kreuz versöhnt hat. Der Auftrag ist klar.  Wozu Jesus uns beauftragt hat, dazu öffnet er uns auch einen Pfad und schenkt unseren Schritten Kraft. Mögen diese Wege dunkel oder hell, steil oder eben sein. >Baue kompromisslos auf Jesus Christus< Vertraue dem Versöhnungswerk Gottes am Kreuz Jesu. Das ist der Kompass. Die Richtung in den Himmel. Und nun heißt es für die Versöhnten: Hinaus, hinaus zu den Menschen: „So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns. So bitten wir nun an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott.“ >Treuhänder Gottes< Du bist ein Treuhänder Jesu. Wir sind Treuhänder Gottes.  Christusglaube aber darf kein Strohfeuer bleiben, kein Einzelschritt oder guter Vorsatz. Jeder Christ braucht Wort und Sakrament, Predigt und Gemeinschaft. Sonst geht einem die Puste, das Licht, aus. >Ich bin erlöst< Heute feiert die Kirche Karfreitag. Es war der bitterste und dunkelste Tag Jesu. Wer hätte ahnen können, dass daraus so ein großes Licht wird. Karfreitag – wir schauen auf die Leiden Jesu. Wer hätte ahnen können, dass daraus solche Freude wird. Karfreitag – wir hören Jesu letzten Schrei. Wer hätte ahnen können, dass in seinem „Es ist vollbracht“ auch mein Name eingewoben ist? Amen.  

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