Last Rast Passt

Last Rast Passt

Mt 11, 25-30                         2. Sonntag nach Trinitatis – Oßling/Großgrabe, am 21.06.2020

„Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater; denn so hat es die wohlgefallen. Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will. Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“

Liebe Gemeinde! >Grenzen< Grenzen. Ein Land hat seine Grenzen. Da geht es um Sicherheit. Auch des Eigentums wegen. Grundstücke werden durch Grenzsteine abgegrenzt. Du kommst nicht über die Grenze, hieß es zu DDR-Zeiten. Grenzüberschreitung bedeutete damals Lebensgefahr.  Der Mensch hat Grenzen. Der Mensch setzt Grenzen. Der Mensch kommt an seine Grenzen. >Grenzerfahrungen< Wir nennen es „Grenzerfahrungen“. An was denken wir dabei? An die Gesundheit, Familie, die Arbeit? Die eigenen Kraftreserven? Die Geduld mit dem andern? Oder an unseren letzten Lebensabschnitt, an die Lebensgrenze? Dieses selten gebrauchte Wort „mühselig“, was Jesus verwendet, beschreibt Menschen in Grenzsituationen. Müh-selig, Mühe und selig: es ist so schwer, glücklich zu sein, selig eben, frei, unbelastet. >Menschen an Grenzen< Die Mühseligen sind Menschen an ihren Grenzen. Sie ruft Jesus: „Kommt!“ Viele haben mir es so bestätigt: Als ich nicht mehr weiter wusste, da habe ich Gott erfahren. Ich hatte mich aufgegeben, aber ER hat mir geholfen. So erzählen Menschen der Bibel und heute auch. Jesus steht an deiner Grenze. Du bist nicht allein. Sein Ruf gilt dir: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ – >Seelsorge und ihre Grenzen< Als Pfarrer bin ich auch Seelsorger. Manchmal kommen Menschen in inneren Nöten, mit Problemen, die sie nicht allein lösen können. Dann reden wir unter vier Augen. Das ist Vertrauenssache. Ich bin zum Stillschweigen verpflichtet. Ja, ich habe Zeit für Sie, ermutige ich. Und gut zuhören. Und eines vor allem nicht tun: >Keine falschen Hoffnungen wecken< Falsche Hoffnungen wecken. Jeder hat die Pflicht, Verantwortung, Herausforderung, sein Leben anzunehmen. Das kann ich keinem abnehmen. Keine Versprechen machen. Sondern begleiten, an der Seite stehen. Ermutigen, Verstehen, Miteinander mit gütigen Augen das Leben und die Grenzen betrachten. Beten. Danke, Herr Pfarrer, sagen die Menschen oft, danke für ihre Zeit, ich sehe jetzt etwas klarer, mir ist irgendwie leichter ums Herz. Menschen mit Grenzerfahrungen werden in ihrer schwierigen Lage gestärkt, dass sie nicht aufgeben. >Erquickungen an Grenzen< Das meinen wir mit dem Wort „Erquickung“. Das verspricht Jesus denen, die sich ihm als Seelsorger anvertrauen: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ Jesus ruft alle, die „unter die Räder gekommen“, „weg vom Fenster“ sind. Nicht willkommene Menschen, denen unter die Nase gerieben wird: „Du hast mir grade noch gefehlt“. Ja, sagt Jesus: Du hast mir gerade noch gefehlt, komm! – Wie Jesus, der Auferstandene, Menschen in Grenzsituationen bis heute begegnet, eben mit Erquickung, Ermutigung, haben wir uns vor Augen gestellt. Und mir ist dabei die Gewissheit wichtig: Es ist nie umsonst, zu Jesus zu gehen und um Hilfe zu bitten. – >Kirche unterwegs an den Grenzen< Jetzt schauen wir uns weiter um. Blicken darauf, was dieses Wort bewirkt hat, wie sich Menschen inspiriert wussten, ebenso zu handeln. Das diakonische Handeln der Kirche hat sich an diesem Wort orientiert. Egal, was die Gesellschaft denkt, wir handeln wie Jesus. Ein Beispiel aus 2.000 Jahren Kirchengeschichte: Vor genau 30 Jahren hat einer dieses Bibelwort ernst genommen und dafür heftige Schelte bekommen. Pfarrer Uwe Holmer war Leiter der Hoffnungstaler Anstalten, nahe Berlin. >Grenzerfahrung Kirchenasyl< Vom 30. Januar bis zum 3. April gewährte er Margot und Erich Honecker Asyl in seinem Haus, weil für beide Gefahr für Leib und Leben bestand. Honecker, der so sehr auf der Westgrenze bestand, war nun selbst an einer für ihn unüberwindlichen Grenze gestrandet. Alle seine „Genossen“ hatten sich feige verkrochen. Margot Honecker war in der DDR Bildungsministerin. Gerade sie hatte dafür gesorgt, dass besonders Pfarrerskinder nicht studieren durften. So auch acht der zehn Kinder von Ehepaar Holmer, trotz bester Zensuren. Pfarrer Holmer meinte: „Ich kann nicht das Evangelium predigen und hilflose Menschen auf der Straße sitzen lassen.“ Dieses Asyl blieb nicht geheim. Nach kurzer Zeit belagerte ein Medientross das Haus, die Familie wurde in zahllosen Briefen beschimpft und bedroht. Pfarrer Holmer antwortete in einem offenen Brief. Darin verweist er auf eine Jesusfigur, die auf dem Lobetaler Gelände steht und eben diesen Satz sagt: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid.“  Pastor Bodelschwingh, der Gründer der Lobetaler Anstalten, habe diese Plastik aufstellen lassen und seinen Mitarbeitern zugerufen: „Dass ihr mir keinen abweist!“ – Hier hat einer im Vertrauen zu Jesus – wie Jesus gehandelt. Genau das umschreibt hier das Wort „Joch“. >Mit Jesus an die Grenzen gehen< In der Umwelt Jesu hatte jeder damit ein Bild vor Augen: Zwei Ochsen ziehen einen Pflug. Auf ihren Nacken liegt ein Holz, mit Leder am Hals befestigt. Der Bauer hält die Zügel und lenkt. Beide Zugtiere bleiben so in der Spur. Ohne Joch würden die Riemen den Tieren durch die Zuglast bald ins Fleisch schneiden. Das Joch erleichtert die Arbeit, die Tiere ziehen eine gerade Furche – und gewöhnlich laufen immer zwei Tiere, ein erfahrenes und ein junges.  Dies bedeutet doch: Jesus, mein Herr, neben mir, wenn ich unterwegs bin, wie Jesus zu handeln: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Das Joch – ein Bild für Gehorsam. >Grenzüberschreitung: An der Liebe Gehorsam lernen < Der Liebe gehorchen, dem Vater im Himmel, wie Jesus. Das erfordert Unterordnung, aber ist nicht schwer. Nur den stolzen Nacken gilt es zu beugen. Damit der Herr auch durch mich und mit mir, mit seiner Kirche den Acker der Welt pflügen kann. Sein Wort, der gute Same, wovon Menschen leben, soll in die vorbereitete Krume fallen. Damit das Wort Gottes unter die Menschen kommen kann, ist von den Nachfolgern Jesu Demut zum Gehorsam notwendig. Und der Lohn? Ruhe. Ruhe für die Seele. >An Grenzen Ruhe finden für die Seele< Wie viele wünschen sich genau das. Die Ruhe für die Seele ist aber eine Himmelsgabe. Sie kommt aus dem Reich Gottes, das mitten unter uns ist. Und allein Jesus, der Herr, hat die Vollmacht diesen Frieden auszuteilen. Da vertraue ich dem Wort Gottes, wenn Jesus hier versichert: „Alles ist mir übergeben vom Vater.“ Ja, sein Vater hat ihm alles übergeben, alle Macht. Jesus kann das. Diesen Glauben teile ich mit euch. Deshalb erwarte ich auch, dass Jesus Wort hält. >Die letzte Grenze< Auch an meiner letzten Grenze, meinem Stündlein. Gerade dort wird diese Verheißung in einem hellen Glanz aufstrahlen. Statt Angst, wird nur Licht und Glück und Freiheit und Freude sein, wenn wir an dieser Grenze seine Stimme vernehmen: >Himmel kennt keine Grenzen< „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ Amen.

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