Mehr als Daumendrücken

Mehr als Daumendrücken

Eph 3, 14-21                                                        Exaudi – Oßling/Großgrabe, am 02.06.2019

„Ich beuge meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid. So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle. Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“

Liebe Gemeinde! Lieber Bruder, liebe Schwester in Christus! Einer betet für dich! Hast du so einen Menschen? Einen, der täglich treu den Vater im Himmel für dich bittet – um Schutz, Kraft, Liebe. Um Vergebung, Zuversicht und Glauben. Um Gesundheit und Fröhlichkeit. Hast du so einen Menschen, der dein Leben im Gebet mitträgt? Ja! Nein? Dann mach dich heute auf die Suche. Wer ernsthaft Hilfe sucht, wer will, dass es mit ihm aufwärts geht, braucht Gebet. Es berührt mich hier zu lesen: Da betet einer für andere. Es steht hier: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt, im Himmel und auf Erden, dass er euch Kraft gebe …“Der Beter – so sehe ich – glaubt an Gott. Sein Glaube bringt ihn in Bewegung, Kraft, ja seine ganze Person für andere einzusetzen im Gebet. Ich sehe vor mir einen Menschen, den der Glaube inspiriert hat. In ihm ist eine Vision gewachsen, eine Vorstellung, was not-wendig ist. Ihm sind die Augen aufgegangen, was nottut. Was noch nicht ist und noch werden muss. Glaube an Gott öffnet die Herzensaugen, lässt wegblicken von den eignen Befindlichkeiten. Glaube nimmt andere in den Blick. Liebe fehlt, sieht er, und Kraft zur Versöhnung, und gute Worte auch. Es ist so wenig Zeit da füreinander. Dafür viel Rennen und Mutlosigkeit. Es mangelt an tragenden, fröhlichen, gehorsamen Glauben. Der Beter widersteht der Versuchung, sich über solche Glaubensarmut zu erheben. Vielleicht mit der Feststellung: Ach, so viel Gottlosigkeit in der Welt. Er würde damit etwas Richtiges sagen, aber die Wahrheit verfehlen. Denn Glaube erkennt zwar Nöte, Mangel, Ängste und Schwachheit. Aber Glaube verurteilt niemals Menschen in Nöten, mit mangelnden Glauben. Wer glaubt, nimmt Abstand von Urteilen über andere. Wer glaubt, betet. Beten ist die Erklärung, das Eingeständnis der eigenen Schwachheit: Ja, ich sehe die mangelnde Liebe, den schwachen Glauben, aber ich selbst kann diesen Mangel nicht ausfüllen. Das kann nur der himmlische Vater. Glaube öffnet mir nicht nur die Augen, er schenkt mir auch den realistischen Blick: was ich kann und was nicht. Ich kann einen Apfelbaum pflanzen, Auto fahren, Brot kaufen, meinen Hund ausführen und wenn´s arg kommt, kluge Reden schwingen. Aber Menschen, in der Tiefe, Hilfe und Heilung bringen, ihre Herzen mit Liebe und Kraft füllen, kann ich nicht. Das sehe ich im Glauben sehr deutlich. Es lässt mich aber keinesfalls resignieren, sondern deutlicher erkennen: Gott kann es. Deshalb geht der Beter auf die Knie und bittet: „Ich beuge meine Knie vor dem himmlischen Vater, dass er euch Kraft gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen …“ Die Stärke des inwendigen Menschen ist der Glaube an Jesus: Dass er am Kreuz meine Sünden bezahlt hat. Ich bin erlöst. Und er auferstanden ist und ich ewig bei ihm leben darf. Durch Jesus vertraue ich Gott. Durch Gottvertrauen werde ich stark. Und darum bittet der Beter: „Stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.“Nicht Sorge, Angst und Sünde sollen im Herzen wohnen, nicht Kränkung und Resignation, sondern Christus. Christus, der Auferstandene, kommt durch Glauben in mein Herz. Wenn ich ihm erlaube, dort zu wohnen, dann bringt er das Kostbarste mit, was in einem Menschenherzen wohnen kann: Frieden mit Gott. Wo Christus wohnt, ist es hell. Lieber Bruder, liebe Schwester! Ist dein Herz dunkel oder hell? Wo Christus wohnt ist Vergebung der Sünden und Gewissheit des ewigen Lebens! Bist du deines ewigen Lebens gewiss? Wenn ja, dann hast du Christus. Wenn nein, dann brauchst du Christus. Christus ist der Schlüssel. Deshalb dieses eindringliche Gebet: Ach, „dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.“ Auch damals muss es diesen Mangel an Liebe gegeben haben, sonst hätte der Beter hier nicht um Liebe gebetet: „… und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.“ Können wir an uns und den Menschen um uns erkennen, dass unser Leben, unser Miteinander, unser Reden und Schweigen, unsere Pläne – dass unser ganzes Sein „in der Liebe eingewurzelt und gegründet“ist? Wenn es nur verschwommen oder gar nicht erkennbar ist, dann brauchen wir Gebet. Es muss erbeten werden, es muss uns geschenkt werden: Dass wir gnädig sind, mit uns selbst und anderen. Versöhnend denken und reden. Manches im Schweigen ertragen. Einander gelten lassen, wertschätzen und ermutigen. – Der Ton, den ich jetzt anschlage, klingt wie ein Appell. Bitte: Betet! Beten ist ebenso wichtig wie essen, trinken, verzeihen und Mut zur Wahrheit. Damit lasse ich es genug sein, mit dem Appell. Nach der Betrachtung über das Gebet, und diesen Aufruf: Betet! – geht es zum Ende hin um das Zeugnis. Na, fragen mich eure Blicke, zugleich auch unser Predigtwort: Was hast du als Prediger denn selber im Gebet erfahren? 1992 begann ich, ein Projekt für Straßenkinder in Brasilien aufzubauen. Damals gab es dort nur eine grüne Wiese, heute steht dort ein großer Gebäudekomplex. Die Kosten betragen eine höhere sechsstellige Zahl. Woher dieses viele Geld. Es sind alles Spenden. Als ich einmal richtig verzweifelt war, weil nichts mehr vorwärtsging, habe ich den Herrn um ein Zeichen gebeten und ihm gesagt: Herr, es ist doch deine Sache. Ein paar Tage später kam eine Frau zu mir und brachte mir 10.000 €. Ein Zeichen. Gebet. – Aber Gesundheit ist doch wichtiger als Geld. Als ich noch Student war, ist mein bester Freund schwer erkrankt: Hirnblutung, nicht zu operieren. Halbseitenlähmung. Jeden Tag bin ich hin. Bald lag er im Sterbezimmer. Geht die Blutung noch 2mm weiter, so die Ärztin, wird das Herz- und Atemzentrum abgequetscht. Nehmen Sie Abschied. Wir haben das Abendmahl gefeiert, und gebetet und gebetet. Heute ist mein bester Freund vollkommen wieder hergestellt. Die Ärzte sagten, das wäre ein sehr besonderer Fall. Ich weiß bis heute: Der Herr! Er hat unsere Gebete erhört. – Am letzten Montagmorgen spürte ich: Ich muss für meinen Jüngsten beten. Nach einiger Zeit kam ein Friede über mich, so wie ein Licht, ein Lächeln. Ich wusste: In diesem Moment hat der Herr gehandelt. Als ich am Mittwoch mit ihm darüber sprach, sagte er nur: Jetzt ist mir klar, warum sich am Montagnachmittag alles zum Guten gewandt hat … Weil der Herr hört, weil Jesus, der Treuste aller Treuen, über Bitten und Verstehen gibt, endet unser Predigtwort und meine Predigt mit einem Lobpreis: „Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ Amen!

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