Neujahr

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Joh 6,37                                                                       Jahreslosung 2022 – Oßling/Großgrabe, am 01.01.2022

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“

Liebe Gemeinde! Jesus spricht: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ So geht das aber nicht! Damit verstößt Jesus gegen die Corona-Regeln. Wer 2G oder 3G oder 3G+ oder 1G++ nicht erfüllt, kann am Gottesdienst nicht teilnehmen. Basta! So sind die Hygieneregeln. Wir können nicht Regeln aufstellen und sie dann bloß halbherzig halten. Alles ist verwirrend. Es ist verwirrend, was Jesus sagt. Und es ist verwirrend, Leute an der Kirchentür abzuweisen. Keine Ahnung, wie wir uns nun richtig verhalten. Jedenfalls lautet die Regel Jesu: Niemand wird abgewiesen. Ich bin damit noch nicht fertig. Und ihr auch nicht. Also machen wir Pause beim Thema Ärger und schauen uns das Jesuswort etwas an. Wer mit der Lutherbibel vertraut ist, wird ein wenig stolpern. Die Jahreslosung ist nämlich der Einheitsübersetzung entnommen, der von beiden Kirchen empfohlenen Bibelübersetzung für ökumenische Gottesdienste. Wie gesagt, da lesen wir: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Das klingt höflich. Klingt wie eine kleine Geste der Einladung, wohin, wozu auch immer. In der Lutherbibel hört sich dieses Positive dann schon deutlich drastischer: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ Das klingt, als habe man gerade noch einmal Glück gehabt, nicht geschubst oder gestoßen zu werden – woraus auch immer. Im Kern geht es um das Gleiche: Der Herr nimmt die auf, die ihn suchen. Er setzt sie neben sich oder nimmt sie in seine Arme. Oder hält für sie einen Platz an der himmlischen Tafel bereit, an der es reichlich Brot des Lebens gibt. „Wer zu mir kommt.“ Das ist für mich eine Einladung zum Gebet, zum mich Hinwenden an den, der die Welt, die mich bedrückt, schon überwunden hat. Es gibt Leere im Leben, die erträgt man nur betend. Das Bedrängende und Bedrückende, das Menschen erleben, offenbart ja gewissermaßen eine Leere. Erkennbar am Gefühl, damit nicht fertig zu werden, sich hilflos und ohnmächtig zu fühlen. „Wer zu mir kommt.“ Da ist keine Zeit, besonderer Umstand und keinerlei Bedingung genannt. Ich kann immer zu Jesus kommen. Klingt für Insider fast wie ein banaler Allgemeinplatz. Aber Vorsicht. Das Wort Jesus will erst mal geglaubt werden, also gelebt, vollzogen. Auch wenn die Bude brennt. Mach das mal. Ja, das ist ein hilfreicher Gedanke. Es tun. Legen wir diese Zusage Jesu auf das Gebet, dann halte ich einfach fest: Jesu Versprechen ist es doch wert, das Gebet unaufgeregt Tag für Tag zu üben. Im Beten sich aussprechen vor dem Herrn. Lege dieses Wort an alle deine Lebensumstände. Ein wenig verwandelt sich die Jahreslosung dann in einen, den Schild des Glaubens. Den werden wir wohl auch im neuen Jahr nicht nur ab und an brauchen. Der Schild des Glaubens besteht aus Jesu Versprechen und ist geschmiedet, unzerstörbar, mit seiner Treue. Diese, seine unverbrüchliche Treue hat er uns bewiesen bis hin zu seinem Tod am Kreuz. Selbst dort hat er noch für seine Feinde gebeten und dem Schächer, der ihn bat, nicht weggestoßen, sondern mit ins Paradies genommen. „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Das ist eine persönliche Zusage Jesu für mich. Und für den andern auch. Jesus weist niemanden ab. Aber er lässt sich auch nicht vereinnahmen, als hätte ich ihn nur für mich. Wenn der andere auch kommt, sind wir dann zusammen bei Jesus. Es macht einen Unterschied, ob wir beieinander sind, oder zusammen mit Jesus. Wenn uns auch nichts verbindet – Jesus doch. Damit weist uns die Jahreslosung auf die Gemeinschaft derer bei Jesus. Ist das die Kirche. Hoffen wir es. Unsere Gemeinde. Ja, wir sind zusammen bei Jesus. Und er ist unsere wahre, ewige Verbindung. Wer zu Jesus kommt trifft andere. Hier auf Erden und dermaleinst. Über die Konsequenzen, dass wir uns bei Jesus treffen, also für unser Miteinander, können wir ja nachdenken. Naja, Jesus stellt keine Bedingungen. Wie steht´s bei uns. Er hat keine Erwartungen, und wir. Die Hoffnung besteht darin, dass die Gegenwart Jesu verändert. Wenn wir also über unseren Weg miteinander nicht nur beraten, sondern ihn gehen, dann in der Gemeinschaft mit Jesus. Was bedeutet das für unser Wandern, ich meine damit unseren Umgang und die Sicht auf den andern. So, ich mache eine kleine Pause, damit es nicht zur Moralpredigt ausartet. Und wir machen einen kleinen Abstecher. Wir schauen uns das Umfeld an. Wo die Jahreslosung steht, den Zusammenhang. Johannes 6 ist das sogenannte „Brotkapitel“: es beginnt mit der Sättigung der 5.000. Dann geht Jesus über das Wasser. Brot und Wasser werden zu Beschreibungen seiner Kraft und Identität. Ich selbst, sagt Jesus, bin Lebenswasser und Lebensbrot. Womit er nicht allein auf den Lebenshunger und den Durst nach Sinnerfüllung in den Erdentagen eines Menschen anspielt. Er verspricht, Lebenshunger und –durst auf ewig zu stillen, wenn er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Wie gesagt, nimmermehr, also ewig. Das öffnet ein wenig die Horizonte, was in der Gemeinschaft mit Jesus geschenkt wird, und es mehr als nur um persönliche Sorgen oder Antworten auf Lebensfragen geht. Aber auch. Wir kommen zu Jesus und teilen mit ihm, und hoffentlich auch miteinander, unsere Ratlosigkeit. Was sollen wir in diesen verwirrenden Zeiten tun, wie entscheiden wir richtig? Hilf uns; Jesus! Er wird zurückfragen: Wozu soll ich dir und euch denn helfen? Das ist eine Frage an dich: Was willst du, dass im Namen Jesu geschehen soll? Was erbittest du? Welche Not teilst du mit Jesus? Damit bin ich zurück bei 2G und 3G++. Ich erbitte von Jesus, dass er uns zusammen hält, die Risse heilt. Das beschädigte Vertrauen gesunden lässt, dass es wieder tragfähig wird. Deshalb frage ich mich, dich und Jesus: Was hält uns zusammen? Was heilt die Risse? Wie kann beschädigtes Vertrauen erneuert werden? Mit dem Pochen auf Regeln ist es bestimmt nicht getan. Es beginnt wohl mit Achtsamkeit. Und den, der anders denkt, den nicht abweisen und schulmeistern. Und wohl auch gemeinsam beten und reden. Und die Angst, etwas falsch zu machen, abladen. Und das Ziel im Auge behalten, Jesus immer ähnlicher zu werden, der uns versichert: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Amen.

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