Nur noch ein Gast auf Erden (Oßling)

Nur noch ein Gast auf Erden (Oßling)

1Mose 3, 1-24                                                                                              Invokavit – Oßling, am 05.03.2017

„Die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde, die Gott, der Herr gemacht hatte, und sprach zu der Frau: Ja, sollte Gott gesagt haben: ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten? Da sprach die Frau zu der Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Bau-mes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rührt sie nicht an, dass ihr nicht sterbet! Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Und die Frau sah, dass von dem Baume gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon, und er aß. Da wurden beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze. Und sie hörten Gott den Herrn, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des Herrn unter den Bäumen im Garten. Und Gott der Herr rief Adam und sprach: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du sollst nicht davon essen? Da sprach Adam: Die Frau, die du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum, und ich aß. Da sprach Gott der Herr zu der Frau: Warum hast du das getan? Die Frau sprach: Die Schlange betrog mich, so dass ich aß. Da sprach Gott der Herr zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang. Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinen Nachkommen und ihren Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen. Und zu der Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach dem Manne sein, aber er soll dein Herr sein. Und zum Manne sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen -, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden … Und er trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zum Baum des Lebens.“

Liebe Gemeinde! „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallet.“ (Mt 26,41) Deshalb brauchen wir das Gebet. Sonst unterliegen wir. Beten bildet einen Schutz. Für mich, meine Familie, Gemeinde. Gegen? Den Nein-Sager. Er will mich von Gott weg in den Abgrund ziehen. Namen hat er viele: Satan, Widersacher, Ankläger (Hi 1, 6-12), Teufel und Diabolos (Joh 6, 67-71), Beelzebub, Herr des Mistes, Gott der Fliegen (Mk 3,22), Drache (Offb 12,9), Verkläger der Brüder (Offb 12,10), Mörder, Vater der Lüge (Joh 8,44), der Böse, der altböse Feind (Mt 13,19), Antichrist (1Joh 2, 18-19), Luzifer (Jes 14,12). Und in unserm Predigttext?  Schlange. Was tut sie? Mobbing gegen Gott. Die Methode: Vertrauen untergraben und zerstören. Alles madig machen. Angriff auf die Person. „Ja, sollte Gott gesagt haben?“ Zuerst der Versuch, den freigiebigen Gott in einen geizigen zu verdrehen. Ein Baum war tabu, jetzt sind es alle: „Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?“ Die Frau scheint zuerst davon nicht beeindruckt: „Wir essen von allen Bäumen.“ Aber seltsamerweise verändert sie das Gebot. Dem „esst nicht davon“ fügt sie an: „Rührt sie nicht an, dass ihr nicht sterbet, hat Gott gesagt!“ Das Schutzgebot „Esst nicht davon“ wollte dem Menschen das Glück, seine träumende Unschuld bewahren. Dass sie nicht zu unglücklichen, verunglückten Göttern verkommen. Durch die Verdrehung durch die Schlange ist nur noch der bedrohliche Verbotscharakter geblieben: Gott gönnt euch doch nur diese wunderbaren Früchte, das Wissen, göttliche Macht nicht. Vom großzügigen Schöpfer, der seine Gäste zum Festmahl lädt, ist nicht viel übrig geblieben. „Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ Nur was ich noch nicht habe, erscheint allein begehrenswert. Und schon greift der Mensch wie hypnotisiert zu. Der Mensch ist ein Überlisteter. Eine Stimme macht ihm weiß, dass es nicht austreicht, ein Mensch zu sein. Er muss unbedingt wie Gott sein. Was ereignet sich, als ihnen die Augen aufgehen? Es wird ein Augenblick des Erschreckens, nicht des Triumphes. Er entdeckt sich in seiner ganzen Nacktheit. Das ist wohl weniger die körperliche Blöße. Der Mensch erkennt, was, wer er selber ist – ohne Gott. Er sieht sich in seiner Zufälligkeit, Vergänglichkeit. (Ps 103,14) Es gibt Augenblicke, da alles fällt, was uns Bedeutung, Selbstsicherheit und Vertrauen gab. Entblößt stehen wir da. Ausgesetzt, Erfahrung von Schutzlosigkeit und Nacktheit. „Nackt bin ich von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren.“ (Hi 1,21) Es ist der Blick in den eignen Abgrund, der eignen Bedeutungslosigkeit. Mensch ohne Gott, Mensch ohne Bedeutung. Seitdem begleitet uns zeitlebens die Urangst, keine tiefere, meint bleibende Bedeutung zu haben, nicht viel wert zu sein. Wert erfahre ich in Beziehung. Bleibenden, ewigen Wert in Beziehung zum Bleibenden, Ewigen. Glaube ist Wertschöpfung. Wo kein Glaube, kein bleibender Wert. Ohne Gottesbeziehung sieht sich der Mensch selbst als letzte Instanz. Seine Lebenszeit wird für ihn zur letzten und einzigen Gelegenheit. Vom irdischen Dasein ist alles zu erwarten. Die Kehrseite davon ist Angst, etwas zu versäumen. Mit Verzweiflung und allen Resourcen der Gesundheitsreligion wehrt er sich gegen alle Anzeichen von Altern und Schwäche. Arbeit, Ehe, Familie, Freizeit wird mit gigantischen Glückserwartun-gen überfrachtet. Es gibt ja nur das Leben hier. Es bedarf immer größerer Kicks und Events, bis zur kollektiven Überdrehtheit. Dahinter tut sich Leere und Erschöpfung auf. Der verzweifelte Zugriff, aus dem Leben das letzte herauszuholen, ist jedoch vergeblich. Der Mensch, der nur mit sich selber rechnet, wird nicht finden, was er sucht. Das erste wörtliche Gespräch in der Bibel erzählt uns davon: Das selbstverständliche Vertrauen zu Gott ist weg. Das Versteckspiel hat begonnen. Es ist die Geburt des schlechten Gewissens. Als Gott sie zur Rede stellt, beginnt das Spiel „Schwarzer Peter“, die Schuld, die Verantwortlichkleit für das Geschehene, wird andern untergeschoben. Der Mann auf die Frau. Und sogar auf Gott: hättest du mir sie nicht gegeben, wäre das ja nicht passiert. Die Frau auf die Schlange. Jeder ist sich selbst der Nächste und des andern Feind geworden. Jeder sucht einen Sicherheitsabstand zwischen sich und der Tat. Was wäre wohl geschehen, hätte Adam gesagt: Verschone meine Frau, ich bin schuld? Doch das Paradies ist verspielt. Der Mensch ohne Gott ist ein Obdachloser. Er hat kein Zuhause und Ziel, keine Heimat. Er ist auf Erden nur noch Gast. Wir leben jenseits von Eden. Deshalb gehört zu unserm Leben unentrinnbar der Zwispalt: Licht und Schatten, Liebe und Schuld, Glück und Leid. Das Böse lässt sich nicht mit gutem Willen aus der Welt schaffen. Das kann Gott nur selber tun. Der Teufel hat es geschafft, dass auch Gott einen Sicherheitsabstand sucht, den Menschen vor die Tür setzt. Aber er verflucht ihn nicht, wie er das mit der Schlange und dem Acker tut. Er setzt hinter seinen Richterspruch eine frohe Botschaft. Ein von der Frau Geborner wird die Gemeinschaft mit Gott wieder herstellen, der Schlange den Kopf zertreten: „Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.“ Jesus hat es nicht wie Adam und Eva gemacht: Der andere ist schuld. Christus hat alle Schuld, alles was uns vom Paradies, der ewigen Gemeinschaft mit Gott trennen könnte, auf sich genommen. Die Hingabe seines Lebens am Kreuz wiegt alle Schuld auf. So nennen wir ihn: Retter, Friedefürst, Heiland. Zu uns Sterblichen sagt er: „Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“ (Joh 5, 24-25) So glauben wir an Jesus, unsern Erlöser aus Sünde, Tod und Teufel. Wir verkündigen einer verlornen Welt Christus als Weg, Wahrheit und Leben. Und beten um Glaube, Liebe und Bewahrung auf unseren Weg und für unsere Gemeinschaft. Wir erinnern uns an unsere Taufe und beten das Taufgelübde: „Ich entsage dem Teufel und allen seinen Werken, und allem seinen Wesen und übergebe mich dir, du dreieiniger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Im Glauben und Gehorsam dir treu zu sein, für Zeit und Ewigkeit.“  Amen.