Trost in Trübsal (Oßling)

Trost in Trübsal (Oßling)

2Kor 1, 3-7                                                                     Lätare – Oßling, am 27.03.2022

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit auch wir trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus. Haben wir aber Trübsal, so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden. Und unsere Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben.“

Liebe Gemeinde! Wir sind dort verletzbar, wo wir lieben. Paulus waren seine Gemeindeglieder ans Herz gewachsen. Dann der große Streit: Zugereiste Prediger greifen Paulus öffentlich an – er rede nur von Sünde, Buße, Kreuz und Gnade, wie erbärmlich. Wo sind die Erweise seiner Vollmacht. Durch ihre Gebete geschähen Heilungen und Wunder. Gott ist nicht schwach. Gott ist ein großer Gott und die Welt muss vor ihm auf die Knie gehen. Nein, kontert Paulus, Gott ist vor der Welt auf die Knie gegangen, hat sich die Lasten der Menschen aufgeladen. Zum Dienen kam er, nicht zum Herrschen. Seine Macht zeigt er in der Ohnmacht. Seine Liebe im Leiden, Mitleiden und Trösten. Er hat keine Untertanen, sondern Kinder. Das Kreuz rettet, nicht Wunder und Heilungen. Die Schwachheit Jesu war sein Sieg. Und ein Diener, sagt Jesus, ist nicht größer als sein Meister. Also, sagt Paulus, rühme ich mich meiner Schwachheit. Wie Gott durch die Schwachheit Jesu seine Liebe in die Welt gebracht hat, tut er es durch meine Schwachheit an dem Ort der Welt, wo ich bin. Schaut auf das Kreuz, wie hilflos Gottes Sohn dort ausschaut. Aber gerade so, durch sein Kreuz, hilft er uns ins ewige Leben. War Jesus – so Paulus – unscheinbar, dann liege ich richtig, wenn ihr euch an meiner Unscheinbarkeit stört. Aber ich kann meinen Herrn nicht verleugnen: der Gekreuzigte ist unsere Rettung und Leiden ist der Weg. Ich predige nicht nur vom Kreuz, sondern bleibe auch darunter. Aus und Schluss. Die Wogen schlugen hoch: das Christentum hat mehr zu bieten als Leiden und Kreuz, damit wäre kein Blumentopf, geschweige denn Anhänger zu gewinnen, der Glaube muss attraktiver gemacht werden … Es kommt zum Bruch. Paulus packt, als er persönlich beleidigt wird, seine Koffer. Liebe macht verletzbar. Mitten in dieser bitteren Lektion, als es stockdunkel in ihm ist, alles nur wehtut, geht ihm ein Licht auf. Er versteht: mit meinem Schmerz nehme ich teil an Gottes Schmerz. Da fließt Trost in seine Seele und Paulus entdeckt sich selbst als einen, der die Hoffnung wieder gefunden hat. Hier berührt die Erfahrung des Paulus vor 2000 Jahren eine Sehnsucht von heute: die Hoffnung wieder finden. Vieles in unserer Gesellschaft, unserm Getriebe hat diese verborgene Triebkraft: ich möchte meine Hoffnung wieder finden. Wir leben in einer Welt voller gescheiterter Wege, Projekte und Gesellschaftsmodelle. Ist die Politik Hoffnungsträger, die es nicht schafft Frieden zu halten? Weist die Spaßgesellschaft Wege zur Hoffnung? Sind die Medien in ihrer Mächtigkeit Hoffnungsprojekte? Wie steht es mit Hoffnung in unserem persönlichen, auch in unserem Glaubensleben? Es lohnt sich deshalb auf unser Predigtwort zu lauschen, weil hier einer schreibt, der die Hoffnung wieder gefunden hat. Wie hast du das gemacht, Paulus? Fragt mich besser, sagt der, welche Wege ich geführt wurde. Gehen wir dieser Frage nach, hören wir Wegweisung, die heute genauso befremdlich klingt wie damals. Sie führte Paulus in schwerste Auseinandersetzungen mit seiner Gemeinde. Und auch heute werden wir nicht mit Begeisterungsstürmen und Applaus rechnen: Du findest deine Hoffnung auf dem Weg des Leidens und der Bedrängnis. Ich lese bei Paulus: wenn ich mich einem anderen ganz zuwende, beginnt Hoffnung zu keimen. Hoffnung finde ich im Leid, wenn ich mich zu Leidenden stelle, tröste. Wer trösten will, muss bereit sein, fremdes Leid zu seinem eigenen zu machen: Anteil nehmen und Anteil geben. So zeigt sich, sagt Paulus, Gott uns in Jesus und er nennt Gott den „Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes“. Paulus erkennt in seinem ganzen Weg, der da heißt „außen Kämpfe, innen Ängste“, Gottes Führung. Und rückblickend sagt er staunend: ich habe die Hoffnung wieder gefunden. Die Sprache der Hoffnung ist Lob und Dank. Und so dankt er Gott für seinen Leidensweg: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller Trübsal, damit auch wir trösten können, die in allerlei Trübsal sind mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“ Er erkennt ein Stück den Sinn seines Leidens: Er wird so fähig gemacht wahrhaft zu trösten. Das ist aber nicht der tiefste Grund seiner Freude. In seinem Leiden sieht er sich mit hinein genommen in den Rettungsplan Gottes für die Menschen. Gott will in seiner Liebe nicht über den Menschen stehen, sondern darunter. Er trägt. Das kann nur Mühe, Schmerz und Leiden bedeuten. Wenn ich leide, sieht Paulus, hat mir Christus ein Bruchstück seiner Lasten mit auferlegt, ich darf ihm helfen. So kann er frohgemut sagen: „Wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.“ Weil Christus sein Kreuz auf sich genommen hat, ist das auch der Weg der Kirche: Segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, die euch beleidigen; besucht die Kranken; vergebt einander; gebt dem Bedürftigen … Wer diese Lasten aufschultert, der wird es schwer haben. Wie ein Weizenkorn wird er in die Erde geworfen, nimmt teil, Anteil an Dunkelheit und Leid. Aber das ist der Weg. Wer Hoffnung finden will, wird sie nur auf dem Weg des Weizenkorns, dem Weg Jesu, finden. Hoffnung keimt, wächst und bringt Frucht nur in der Hingabe an Gottes Willen: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh 12,24) Macht euch auf, findet Hoffnung! Amen.