Zerreissprobe

Zerreissprobe

2. Petr. 1, 16 – 19 [20 – 21]                      Letzter Sonntag n. Epiphanias – Oßling/Großgrabe, am 02.02.2020

„Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigner Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.“

Liebe Gemeinde! >Zwischen Zweifel und Vertrauen< Kennen wir das – diese Zerrissenheit zwischen Zweifel und Vertrauen? Wer in solche Zerreißproben kommt, fragt: Kann ich dir vertrauen? Überall, wo Menschen miteinander leben, kommt die Vertrauensfrage auf den Tisch. Nicht nur in der Politik, im Bundestag oder Stadtrat, auch auf Arbeit, in der Familie und Gemeinde. Dann muss man Stellung beziehen. Um die Vertrauensfrage geht`s in unserm Predigttext. Petrus schreibt an Leute, deren Hoffnung in die Jahre gekommen ist. Sie haben ausgeglaubt. Einst hatte er ihnen von der wunderbaren Hoffnung „Jesus“ erzählt: Dass er, Gottes Sohn, bald wiederkommen wird und alles Böse wird ein Ende haben – Blinde werden sehen und Lahme gehen, Tote auferstehen. Ein grandioses Bild hatte er ihnen gemalt von Gottes neuer Welt. Sie hatten ihm geglaubt. In dieser traumhaften Aussicht wurden sie ein Herz und eine Seele. Jesus kommt bald, riefen sie sich erleichtert, begeistert, mit Glaubensfeuer zu. Aber mit den Jahren wurden die Rufe leiser, nach Jahrzehnten waren sie verstummt. Petrus sieht vor sich Gemeindeglieder, die statt der drei Worte: Jesus kommt bald, nur noch drei Buchstaben haben: Ach! Ihr „Ach“ redet von einem müdegewarteten Glauben. Ihr „Ach“ stellt die Vertrauensfrage. >Glaube im Erklärungsnotstand< Petrus kann ihnen auch nicht plausibel erklären, warum sich das Kommen Jesu verzögert. Oder kann das jemand unter uns? Petrus ist in eine Verteidigungsposition gedrängt. Ich auch. Wenn ich in die Gesichter von Menschen blicke, auf die Gesten achte, ihren Worten und Themen, Lebensfragen nachlausche und – denke, erkenne ich mich auch oft in einer Verteidigungshaltung. Ewiges Leben durch Jesus, Vergebung, Gottes neue Welt – nicht selten muss ich mich mit diesem „Ach“ auseinandersetzen. Wie ist die Botschaft von Jesus glaub-würdig? >Die Glaubwürdigkeit des Evangeliums< Zuerst verwahrt sich Petrus gegen die Unterstellung, ein Märchen- und Fabelerzähler zu sein: „Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus.“ Die Botschaft von Jesus, sagt Petrus, ist aus zwei Gründen glaubwürdig. 1. Sie bezieht sich auf ein wirkliches historisches Geschehen. 2. Es gibt dafür Augen- und Ohrenzeugen. Ich war doch, sagt er, selbst dabei, Leute! Mit seinem Kurzbericht von Jesu Verklärung will er die Macht Jesu unterstreichen, und dass er Gottes Sohn ist (Mt. 17, 1 – 7): „Wir haben seine Kraft und Herrlichkeit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von großer Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.“ >Jesus ist Gottes Sohn< Petrus will an dieser Stelle nicht vom Menschen Jesus reden, sondern von Jesus, der Gottes  Sohn ist – und Überwinder des Todes, der alle Macht und Herrlichkeit von Gott erhalten hat. Warum erzählt er dann aber keine Ostergeschichte, also eine Begegnung mit dem Auferstandenen? >Verzögerung und Erfüllung< Hier redet der Seelsorger Petrus. Er will sagen: Eure enttäuschte Hoffnung kann ich mehr als verstehen. Seht, als sich uns Jesus auf dem Berg verklärt, als Sohn Gottes gezeigt hat, wollten wir, dass es so bleibt, wollten Hütten bauen, ihn festhalten, aber er entzog sich uns. Als er dann verurteilt wurde, war unser Glauben am Ende. Doch bald darauf hat er sich uns als Sieger gezeigt. Die Hoffnung auf ihn wurde in die Zerreißprobe gespannt – dann kam er wieder – wider alles Erwarten. >Glaube lebt vom Wort< Weiter ist beachtenswert, wie Petrus das Verklärungserlebnis berichtet, das seine Leser sicher kennen. Vergleichen wir es mit Mt. 17 oder Mk. 9, dann fehlen hier in seinem Bericht Johannes und Jakobus, das Wort vom Hüttenbau, das Erscheinen von Mose und Elia sowie der Bericht über eine lichte, strahlende Wolke. Mit dieser Kurzfassung deutet Petrus auf den Charakter des Glaubens, der sich bei seinen Adressaten in der Krise befindet. Dem Glauben steht nur das Wort zur Verfügung. Mehr nicht, aber das ist mehr als genug. Glaube traut dem Wort. Von seinem Verklärungserlebnis berichtet Petrus deshalb nur, was der Glauben braucht: Das an sie ergangene Wort: „Diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge … Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ >Zerreißprobe des Glaubens< Das ist sie, die Zerreißprobe des Glaubens: Entweder er hält sich nur und ganz und gar an das Wort oder nicht. Wo sich Glaube ans Wort Gottes bindet, wird er verbindlich, fest. >Glaube wird fest durchs Wort< So eine Glaubenserfahrung – das Wort gibt mir Halt, festen Stand – hat Petrus gemacht. Wir haben, sagt er, diesem Wort vertraut; vertraut, dass Jesus Gottes Sohn ist. Das Resultat, die Frucht solchen Vertrauens, eben innere Festigkeit, beschreibt er: „Um so fester haben wir das prophetische Wort.“ >Vertraue dem Wort< Und nun folgt seine Ermahnung: Vertraue Jesus! Glaube, glaube ihm! – Um Jesus als Sohn Gottes zu verkündigen, verwendet er für Jesus drei Umschreibungen: Jesus ist das prophetische Wort, darin begegnet er mir. Jesus ist das Licht, gegen alle Dunkelheiten. Jesus ist der Morgenstern – bald wird es Tag, bald wird er kommen. Seine Ermahnung: „Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.“ Wie steht`s um deinen Glauben? Hat er Lebensraum, Licht, Luft und guten Boden? Lebt dein Glaube vom und durch das Wort? Wenn hier vom „dunklen Ort“ die Rede ist, ist ja unser Herz gemeint. Dort soll Jesus als Morgenstern, als Licht, wie der Tag anbrechen. Hält sich der Glaube an Jesus, das Wort Gottes, wird`s hell. Jeder, der die Lichtkraft des Wortes erfahren hat, kann dasselbe wie Petrus bezeugen: Diese fabelhafte Botschaft von Jesus ist kein Märchen, keine Sage, sie ist – sagenhaft!! Amen.

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