Weil er lebt (Oster-Gottesdienst)

Weil er lebt (Oster-Gottesdienst)

Hallo,

ich begrüße euch hier in der noch dunklen Kirche. Wenn wir nicht wüssten, dass in ca. 20 Minuten die Sonne aufgehen wird, wäre diese Dunkelheit bedrückend. Wenn wir nicht um Ostern wüssten, wäre Karfreitag unerträglich. Und wir würden heute auch nicht Gottesdienst feiern. Wir würden überhaupt keinen Gottesdienst feiern. Es gäbe keinen Grund dazu. So trostlos wie das Felsengrab, in das man Jesus gelegt hatte. So trostlos wie dieser leere Altar. Kalt. Undurchdringlich. Hoffnungslos.

19 Wenn wir nur für das jetzige Leben auf Christus hoffen, sind wir bedauernswerter als irgendjemand sonst auf der Welt.
(1.Kor.15,19; GNB)

Aber wir sind nicht bedauernswert. Wir sind heute morgen hier, weil wir wissen, was damals an Ostern passiert ist:

Der Herr ist auferstanden.
(Anwort der Gemeinde:) „Er ist wahrhaftig auferstanden.“
Amen.

Aber die Personen der Ostergeschichte wissen das noch nicht. Jesus hat ihnen zwar gesagt, dass es so kommen würde. Aber sie haben es noch nicht verstanden. Sie haben Ostern noch nicht erfahren. Die Frauen, die noch vor dem Sonnenaufgang zum Grab kommen, sind in Trauer. Sie haben mit ansehen müssen, wie Jesus grausam gekreuzigt worden ist. Jesus, in den sie so viel Hoffnung gesetzt hatten. Sie sind fassungslos über das Geschehene. Sie wollen ihm wenigstens die letzte Ehre erweisen. Sie haben gesehen, in welches Grab er gelegt worden ist. Und sie haben wohlriechende Öle besorgt, um den Leichnam entsprechend ihrer Tradition zu salben. Sie haben den Sabbat abgewartet. Jetzt sind sie unterwegs zum Grab.
Wir begleiten sie. Und auch wenn du schon weißt, was gleich passieren wird, lad ich dich ein: Bring doch die Situation aus deinem Leben mit, in der du noch nicht weißt, wie es weitergehen soll. Die Szene, die dir dunkel, hoffnungslos und undurchdringlich erscheint.

1 Am Sonntagmorgen dann, in aller Frühe, nahmen die Frauen die wohlriechenden Öle, die sie sich beschafft hatten, und gingen zum Grab. 2 Da sahen sie, dass der Stein vom Grabeingang weggerollt war. 3 Sie gingen hinein, doch der Leichnam von Jesus, dem Herrn, war nicht mehr da.
(Lk.24,1-3; GNB)

Die Frauen kommen zum Grab. Und der Stein vor dem Grab ist weggerollt. Lukas berichtet, dass die Frauen in das Grab hineingehen. Das Grab ist leer. Da ist keine Leiche im Grab. Das, was das Grab zum Grab macht, ist weg. Das einzige, was sie sehen, ist das Leichentuch, in das Jesus gewickelt worden war. Nicht einfach vom Leichnam gerissen und verknüllt, sondern sorgfältig zusammengelegt. So berichtet es das Johannes-Evangelium im 20. Kapitel.

(Die Decke wird auf den Altar gelegt.)

Bis eben schien noch alles chaotisch, undurchsichtig, dunkel und hoffnungslos. Und jetzt ist da ein Leichentuch, das ordentlich hingelegt worden ist, weil es nicht mehr gebraucht wird. Zumindest nicht als Leichentuch.
Auch wenn du in deiner Situation die Zusammenhänge noch nicht erkennen kannst, Gott ist schon dabei, die Dinge neu zu ordnen. Mitten in deinem persönlichen Chaos hat er schon längst begonnen, sich dir zu zeigen. Auch wenn du ihn jetzt noch nicht erkennst.

4 Während sie noch ratlos dastanden, traten plötzlich zwei Männer in strahlend hellem Gewand zu ihnen. 5 Die Frauen fürchteten sich und wagten sie nicht anzusehen; sie blickten zu Boden.
(Lk.24,4-5a; GNB)

Spätestens jetzt sind die Frauen hellwach. Eben waren sie noch müde, erschöpft und verzweifelt. Aber jetzt sind da zwei Engel. Sie sind nicht mehr allein. Verstehen tun sie noch immer nichts. Sie fürchten sich und schauen weg. Die Augen haben sich so sehr an die Dunkelheit gewöhnt gehabt. Und jetzt hat jemand plötzlich das Licht angeknipst.

(Die Kerzen werden auf den Altar gestellt und angezündet.)

Gott lässt auch dich in der Dunkelheit nicht alleine. Ob Menschen oder Engel. Gott bringt Licht in jedes Dunkel. Und ja, es kann sein, dass das im ersten Moment beängstigend ist. Durch das Licht wird das Ausmaß der vorherigen Dunkelheit erst richtig deutlich. Es gibt genug Menschen, die deshalb lieber in der Dunkelheit bleiben. Aus Angst vor dem Licht. Aber du brauchst nicht wegrennen. Du brauchst keine Angst haben.

Die beiden sagten zu ihnen: »Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? 6 Er ist nicht hier; Gott hat ihn vom Tod auferweckt! […]
(Lk.24,5b-6a; GNB)

Die Engel stellen eine Frage. Eine rhetorische Frage: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Den Lebenden? Da muss ein Missverständnis vorliegen. Sie suchen nicht den Lebenden. Sie suchen den Gestorbenen. Den toten Jesus. Sie haben gesehen, wie er gestorben ist. Also ist er tot. Oder… oder etwa nicht? Und bevor die Frauen ihre Ratlosigkeit in Worte fassen können, beantworten die Engel ihre unausgesprochenen Fragen. Zum ersten Mal überhaupt ertönt an einem Grab die Botschaft vom Leben.

(Blumen werden auf den Altar gestellt.)

„Er ist nicht hier.“ Nicht hier in diesem Grab. „Gott hat ihn vom Tod auferweckt.“ Er lebt.
Suchst du in deiner Situation auch nach der falschen Sache? Oder suchst du vielleicht an der falschen Stelle? Gott weiß genau, was du suchst und was du tatsächlich brauchst. Und er weiß, wo du es findest. Und er spricht jetzt schon von einem Leben, das er schafft. Auch wenn du dir das noch gar nicht vorstellen kannst. Die Engel fahren fort:

6 […] Erinnert euch an das, was er euch schon in Galiläa gesagt hat: 7 ›Der Menschensohn muss den Menschen, den Sündern, ausgeliefert und ans Kreuz genagelt werden und am dritten Tag vom Tod auferstehen.‹« 8 Da erinnerten sich die Frauen an seine Worte.
(Lk.24,6b-8; GNB)

Noch immer bringen die Frauen kein Wort heraus. Doch auf einmal geht ein Leuchten des Verstehens über ihr Gesicht. Stimmt. Jesus hat das doch gesagt gehabt. Sie erinnern sich. Und auf einmal bekommen seine Worte Sinn.

(Die Bibel wird auf den Altar gelegt.)

Gottes Wort gilt auch dir. Was er dir vielleicht schon mal vor Jahren gesagt hat, hat nicht an Gültigkeit verloren. Erinnere dich! Lies nach! Lass diese Worte neu auf dich wirken! Sie sind nicht für Sonnenscheintage geschrieben. Sie sind genau für solche Momente geschrieben, in der es scheint, als ob alles verloren wäre.

Und noch etwas passiert bei den Frauen: Bis eben haben sie geglaubt, dass diese schreckliche Kreuzigung von Jesus das schreckliche Ende einer tragischen Geschichte gewesen sei. Doch auf einmal verstehen sie: Das Kreuz war gar kein Unglück. Und es war auch nicht das Ende. Ganz im Gegenteil. Es ist der Höhepunkt des Spannungsbogens in der Geschichte, die Gott mit ihnen schreibt. Und dieser Morgen, dieser erste Ostermorgen, den sie gerade erleben, ist die Auflösung. Die wunderbare Auflösung: Jesus hat Angst, Sünde und Tod, alles, wofür das Kreuz steht, überwunden.

(Das Kreuz wird aufgestellt.)

Jesus hat aus dem Zeichen der Niederlage ein Siegeszeichen gemacht. Und bis heute schreibt er seine größten Erfolgsgeschichten auf der Grundlage von Schwierigkeiten, Widerständen und vermeintlichen Unmöglichkeit. Jesus ist nach dem Kreuz von den Toten auferstanden. Welche Situation glaubst du, kann er in deinem Leben nicht wenden?

Ich bin mir sicher, die Frauen haben das in dieser Situation noch längst nicht alles verstanden. Aber, was sie begriffen haben, nämlich, dass das Grab leer ist, setzt sie in Bewegung.

9 Sie verließen das Grab und gingen zu den Elf und allen Übrigen, die bei ihnen waren, und berichteten ihnen alles.
(Lk.24,9; GNB)

Die Frauen gehen zu den anderen Jüngern und berichten ihnen von ihren Erlebnissen. Verstehen, geschweige denn Erklären können sie das längst noch nicht alles. Und es ist auch noch nicht alles gut. Aber das hält sie nicht davon ab, es weiterzuerzählen. Und seit diesem Tag ist die Botschaft vom leeren Grab nicht mehr aufzuhalten. Überall auf der Welt haben Menschen das Banner mit der Botschaft dieses Morgens aufgestellt.

(Das Antependium wird aufgehängt)

Ich wünsche dir, ich wünsche mir, ich wünsche uns, dass wir immer wieder neu erleben dürfen, dass Jesus mit seinem Sieg auch den Sieg in unserem Leben errungen hat. Und auch wir dürfen diese Botschaft weitertragen:

„Der Tod ist vernichtet! Der Sieg ist vollkommen!“
(1.Kor.15,54b;GNB)

Weil er lebt. Amen.