Heiligabend

Heiligabend

Lk. 2, 1 – 20                                                           Heilig Abend – Oßling/Großgrabe, am 24. Dezember 2016

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Joseph au Galiläa, aus der Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum, dass er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn umleuchtete sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen.Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.“

Liebe Gemeinde am Heilig Abend! Seid willkommen! Diese Stunde gehört ganz tief in unser Leben. Stille Nacht gehört dazu, die alten, tröstlichen Lieder, Kerzen, Tannenbaum und die Weihnachtsgeschichte. Jetzt sind wir hier zusammen und ich möchte dir eine alltägliche, schwere Frage stellen: Wie geht es dir? Tja, fragst du dich selber: Wie geht es mir in Wahrheit? Wie steht`s um mich, um mein Leben, wie ist mir im Herzen tief drinnen zumute? Ich weiß, das ist weder leicht noch schnell erzählt. Komm, ich nehme dich mit in die Weihnachtsgeschichte, und du suchst dir deinen Platz: Wir betreten das kleine Städtchen. Bethlehem ist voller Hektik, lauter Fremde, alles überfüllt. Sieht es so in deinem Herzen aus, Hektik, Rennen, Ruhelosigkeit, so viel, was da nicht hingehört? Wir bleiben stehen bei Leuten, die um ein Feuer sitzen. Sie klagen, was die Politik mit den Menschen macht: Dem Kaiser geht`s nur ums Geld. Nummern sind wir bei ihm, keine Menschen. Übervoll sind die Pensionen: Alles belegt, sagt der Wirt, keine Zeit. Zeit ist Geld, muss Gäste bedienen, seit Wochen keinen freien Tag, nur Arbeit. Geht`s dir so, dass du nicht mehr fertig wirst mit allem? Dir alles über den Kopf wächst?  – Vor uns steht ein Mann mit flackernden Augen. Hinter ihm eine Schwangere, vollkommen erschöpft, hält sich die Hände auf den Bauch. Kein Raum in der Herberge, hören wir den Wirt im Vorbeihasten rufen. Da sind zwei in großer Sorge. Maria um ihr Kind, die Geburt. Joseph um seine Frau. Können wir das nachfühlen? Wir sorgen uns aus tiefstem Herzen um einen anderen Menschen. Wieviel gemeinsame Zeit haben wir noch? Es schnürt uns das Herz ab. Wir bangen: hoffentlich wird alles gut? Ist dein Herz jetzt bedrängt von Sorge um einen, den du liebst? – Wir sehen, dass niemand sich um Maria und Joseph sorgt. Erlebst du das auch? Das Gefühl, ich muss alleine klarkommen? Maria, ein Mensch in Sorge und doch guter Hoffnung. Jetzt ist sie in einem Stall. Nicht selten werden Menschen in unsrer Welt wie Vieh behandelt. O ja, die Weihnachtsgeschichte erzählt von Leben. Und jetzt machen zwei Platz, dass ein Kind geboren werden kann. Es sind zwei, die man spöttisch Ochs und Esel nennt. Noch weiß niemand, dass diese Nacht die Heilige Nacht ist. Alles ist so menschlich, alltäglich. Niemand ahnt etwas von der Zeitenwende, dass von nun an alle Jahre der Menschen nach diesem Kind gezählt werden … nach Christi Geburt … dass die Menschen dieser Nacht bekannter sein werden, als alle Könige und Kaiser zusammen, auch noch nach 2000 Jahren. Niemand ahnt, dass Gott als Mensch diese seine Erde betritt. Könnte es bei uns auch so sein, dass wir auch so ahnungslos über uns selbst sind, nichts von Gottes Eingreifen erkennen, nicht mit ihm rechnen. Und ER gerade jetzt um eine Herberge in deinem Herzen bittet? Hörst du es, sein Klopfen? – Wie geht es dir? Ist dein Herz so dunkel wie die Nacht auf den Fluren Bethlehems bei den Hürden? Willst du dich zu den Hirten setzten? Überleg dir`s gut. Das sind Menschen, denen wird nichts geschenkt und die verschenken nichts. Harte Arbeit, wenig Geld. Die Hirten werden verachtet, Gauner und Habenichtse genannt. Das macht ihnen aber nichts mehr aus. Sie spucken auf den Kaiser und all` die feinen Herren. Leute sind es, die ausgegrenzt sind, am Rand der Gesellschaft. Diese Geringgeschätzten werden von Gott gewürdigt, als erste die frohe Botschaft zu erfahren. Das tröstet sehr. Gott nähert sich Menschen, die unten sind. Ihnen begegnet der warmherzige Gott. Es wird licht: „Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn umleuchtete sie; und sie fürchteten sich sehr.“ Wenn alles klar ist, sieht man einen Weg. Wenn alles klar ist, gibt es keine Frage mehr. Du brauchst sie, diese Klarheit. Wenn zwischen Menschen alles klar ist, ist Frieden. Wenn alles klar ist, erkennt man tiefer, kommt alles ans Licht. Um die Hirten war die Klarheit des Herrn. Da kam ans Licht, wer Gott ist: Liebe, brennende Liebe. Ist uns klar, dass Gott uns liebt, immer und ewig, brennend, leuchtend? Die Hirten wirft es zu Boden. In der Klarheit Gottes liegt ihre eigne Unklarheit bloß, mitten unter den Engeln sehen sie klar, was sie als Menschen sind, sie sehen ihr Herz. Sehen darin Gier, Angst, Hass, Schmutz, Schuld und soviel Schwachheit. Im Licht überfällt sie ein Gefühl von Erbärmlichkeit, Minderwertigkeit. Bis ins tiefste Innere erschrecken sie über sich: „… die Klarheit des Herrn umleuchtete sie und sie fürchteten sich sehr.“ Was sollten sie auch anderes denken als: jetzt kommt Gottes Gericht und Strafe. Sie konnten sich nicht vorstellen, nicht glauben, dass Gott der ganz Andere ist. Bei Menschen geht’s um Leistung und Strafe, bei Gott um Liebe und Trost. Faust bei Menschen, Umarmung bei Gott. Noch sind sie in ihrer Angst vor Gott, in ihrer Furcht blind. Noch sehen sie nur ihr Bild von Gott, bis ihnen die Augen geöffnet werden, sie hören eine Stimme, voll mit Liebe und Zärtlichkeit: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ Diese Klarheit leuchtet so innig, dass sie beginnen, ihr zu trauen: Gott sagt ja zu mir, vollkommen ja.  Er nimmt mich an, genauso wie ich bin. Das war den Hirten damals neu, und uns heute auch: ich bin angenommen. vollkommen, genauso wie ich bin. Das wurde klar, in ihren Herzen und Verstand: ich bin bei Gott geliebt. Alles war auf einmal ganz einfach, alles war klar. Das Kind – darin zeigt Gott seine Liebe. So kommt er zu seinen Menschen, als Heiland, der dich heil macht. – Wenn die Angst vor der Sinnlosigkeit kommt, hilft nur die Liebe. Wenn die Fragen kommen, hilft nur noch die Liebe. Die Hirten lauschten der Botschaft: „Euch ist heute der Heiland geboren.“ Da war einfach-alles-klar, und die Furcht verschwunden wie Rauch im Wind. Sie sehen ihren Lebensweg nicht länger als dunklen Zufall, sondern als Fügung und Führung. Losgehen müssen sie jetzt selbst, aber sie haben eine Führung. Das Wort hat ihnen das Ziel gewiesen: „… der Heiland ist geboren … in der Stadt Davids.“ Und ein Zeichen haben sie bekommen, woran sie das Christuskind erkennen: „Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Durch das gemeinsame Hören der Botschaft ist ihnen der nächste Schritt klar. Alle sind sich fraglos einig: „Lasst uns nun gehen gen Bethlehem, und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide: Maria und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen.“ – Es ist heute auch deine Nacht, diese heilige Nacht. Und die Engel rufen dir zu: Du hast einen Retter! Auf! Eile wie die Hirten. Die Botschaft ist dir verkündet, ein Zeichen ist dir gegeben: das Kreuz. Dort lauf hin, zur Rettung, zur Vergebung. Tu, was die Hirten taten: Weihe dein Leben deinem Heiland und Retter Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Der für dich als Mensch geboren wurde und dich erlöst hat von allen Sünden, allem Dunkel, und dir den Himmel geöffnet hat. Knie nieder und bete ihn an: Heute, Herr Jesus, komme ich zu dir und lege mein Leben vor dich hin. Du hast mich erlöst. Ich will dein sein für immer und ewig. Über dem Eingang unserer Kirche steht: Heilige deine Seele. Jesus ließ am Kreuz sein Leben. Sein Blut ist das Lösegeld. Sein Blut wäscht, heiligt deine Seele. Das ist dein Weg. Lass es geschehen, damit dich die Klarheit des Herrn umleuchtet. Wenn der Heiland auch dein Heiland sein darf, ist in deinem Leben wahrhaft Weihnachten geworden. Amen.