Rausgehen?

Rausgehen?

Hebr 13, 12 – 14 Judika – Oßling/Großgrabe, am 29.03.2020

„Jesus hat, damit er das Volk heiligte durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

Liebe Gemeinde! >Mathematik und Glaube< Was hat Mathematik und Glaube gemeinsam? Das Rechnen! Die eine rechnet mit Zahlen, der andere mit Gott. Wer glaubt – rechnet mit Gott. Rechnen mit dem, was vor Gott, in den himmlischen Welten Wert, Glanz, Licht, Anerkennung hat. Die Schatztruhe des Glaubens öffnet sich mit dem Schlüsselwort: Jesus. Welche Werte zählen in der ewigen Herrlichkeit, vor Gott? Ich zitiere: „Jesus hat, damit er das Volk heiligte durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.“  >Was vor Gott zählt< Vor Gott zählt: Jesus, sein Leiden, die Heiligung des Volkes, draußen vor dem Tor. Das wird in Ewigkeit nicht vergessen. Zählt für immer. – Aorist. Das gibt es in der deutschen Sprache nicht, aber im Griechischen. Es ist eine unvollendete Vergangenheitsform, meint: ein Ereignis ist geschehen, aber noch nicht abgeschlossen, hat Bedeutung für den Leser und über die Gegenwart hinaus. >Unvollendete Vergangenheit< Die Verben heiligen (hagiazo) und leiden (pascho) sind im Aorist. Daraus ist einfach zu schließen: Das historische Ereignis auf Golgatha, als Jesus sein Kreuz trug, aus der Stadt hinaus musste, auf das Kreuz gelegt wurde, und durch Füße und Arme Nägel getrieben wurden, ja, als er für seine römischen Peiniger betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun; diese Historie vor 2.000 Jahren hat bleibende Bedeutung bis 1517, 1945, 2020 bis ans Ende der Welt, bis ins Jüngste Gericht.  Rechne damit. Täglich. Nächtlich. Im Namen Jesu beten. In Anfechtungen und Nöten, in Krankheit und Dunkelheit dich darauf berufen: Jesus starb für mich! – >Die sühnende Kraft des Blutes Jesu< So der Bericht: Jesu Ende wird zur Wende. Jesu Tod entschuldigt, entschuldet uns Menschen bei Gott. Die Empfänger des Hebräerbriefes wussten, was gemeint war: Blut sühnt Schuld. Durch Blut geschieht Heiligung. Hier heißt es: „Jesus hat, damit er das Volk heiligte durch sein eigen Blut, gelitten draußen vor dem Tor.“ Jesus wird mit einem Opfertier verglichen. Im Alten Testament wird berichtet, was Gott vom Volk Israel verlangte: Schuld braucht Sühne. Schuld kostet Leben. Da das Leben im Blut ist, muss zur Versöhnung Blut fließen. Während das Sündopfer im alten Israel jedes Jahr neu vollzogen werden musste, ist durch das Leiden und Sterben Jesu ein für allemal die Sünde beglichen. Aorist: Jesu Opfer gilt für immer. – >Der große Versöhnungstag< Unser Predigtwort erinnert an den großen Versöhnungstag (3. Mose 16): Da wurden zwei Böcke ausgewählt, einer wurde geschlachtet und das Blut wurde in das Allerheiligste gesprengt. Damit wurde allen vor Augen geführt: auch im Innersten der Gemeinde wohnt Schuld, auch die treueste Hingabe, das brennendste Gebet, die aufrichtigste gute Tat, das Allerbeste und Allerreinste unseres Glaubens ist vor Gott nicht rein, muss geheiligt, für Gott ausgesondert werden. >Frieden mit Gott< Das Blut Jesu nun, damals am Kreuz vergossen, macht uns gewiss, dass wir geheiligt sind. Dass unser Glaube und Tun – durch Jesus – vor Gott gilt und Bestand hat. Frieden mit Gott in Jesus, sagen wir. Friede über dem was war, ist und wird. Im Gericht wird uns das Blut Jesu freisprechen, besser: wir werden hören und sehen – wir sind Freigesprochene, Entsühnte. >Für uns< Dass damals die Israeliten nach dem großen Versöhnungstag keine anderen oder gar besseren Menschen waren, darüber müssen wir nicht reden. Es war nur etwas für sie geschehen, was den Zorn und die Strafe Gottes abhielt. So ist es bei den Christen bis heute. Es ist die große Versöhnung durch Jesu Blut für uns geschehen. Ob wir selbst verändert sind, das bleibt vorerst unbeantwortet. Dass wir vom Empfang unserer Rettung auch in die Kreuznachfolge aufbrechen ist ein bleibender Ruf. – >Der Sündenbock< Nun wird von dem zweiten Bock berichtet: Wenn die Entsühnung des Heiligtums vollbracht ist, legt der Priester seine Hände auf den noch lebenden. Laut bekennt er alle Missetaten und Übertretungen des Volkes und legt sie dem Tier auf. So wird der Unschuldige zum „Sündenbock“ gemacht. Dann wird er hinausgebracht aus dem Lager und in die Wüste gejagt. >Drinnen und draußen< In unserem Predigtwort steht das bedeutungsschwere Wort „draußen“. Das wird uns noch zu schaffen machen. Drinnen – das meint Tempel, die heilige Stadt. Drinnen – das meint Kirche, Gemeinde, Glaube, Abendmahl, Gottesdienst. Wir sind in diesem „Drinnen“. Wir sind geheiligt, entsühnt durch das Blut Jesu. Wir leben aus der Versöhnung mit Gott. Nun werden wir aufgefordert, nicht drinnen zu bleiben, hinauszugehen, nach draußen. >Lasst uns hinausgehen< Warum? Wegen Jesus. Er ist draußen vor dem Tor. Draußen vor der Tür. Hinaus unters Kreuz! Hier steht: „… der gelitten hat, draußen vor dem Tor.“ An Karfreitag, dem großen Versöhnungstag, ließ Jesus sich zum Sündenbock für alle Menschen machen. Und auf der Müllkippe und dem Hinrichtungsplatz der Stadt wurde sein Kreuz aufgerichtet. Wenn „drinnen“ bedeutet: heilige Stadt, Tempel, Gemeinde, Gemeinschaft mit Gott, Kirche – dann bedeutet „Draußen“: Gotteswüste, Welt, Müllkippe der Gesellschaft, Gottferne, Menschen, die nichts von Gott wissen. Eben die Welt, von der Jesus sagte: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker.“ Ähnlich klingt es hier: „So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.“ >Mit Jesus die Schmach tragen< Welche Schmach? Erinnern wir uns an den Sündenbock – ihm wurden die Verfehlungen und Sünden aufgelegt und er wurde davongejagt. Welche Schmach also? Bevor wir von andern reden, bleiben wir bei uns. Wenn Jesus die Sünden trägt, dann ist meine auch dabei, meine Schmach. Und jetzt beginnt uns das Wörtchen „draußen“ das erstemal so richtig zu zwicken. Ich soll nach draußen. Und jeder hier, jeder, der durch Jesus entsühnt, mit Jesu Sühne besprengt ist, anders gesagt: der auf seinen Namen getauft ist. >Am Kreuz begegne ich meinem wahren ICH< Wisst ihr, wen ich als ersten treffe, wenn ich mich nach „draußen“ begebe, unters Kreuz? Mich. Ich sehe, Jesus musste wegen mir so leiden. Das ist ernüchternd, erschreckend, aber heilsam. Vorm Kreuz fallen alle Glitzerfassaden. Am Kreuz sehe ich, wer ich vor Gott bin: ein armer, verlorner, elender Mensch. Tod als „Lohn“ für die Sünde war mein Los. Er nahm alles auf sich. In Jesus, durch seinen Tod, bin ich jetzt ein Geretteter, ein Versöhnter, ein geliebtes Kind Gottes. Das habe ich nicht mir, sondern Jesus zu verdanken. Was Gott betrifft, war ich doch außen vor. Aber Jesus hat „drinnen“ und „draußen“ verbunden, heilig und unheilig, Welt und Kirche. >Erst die Errettung, dann die Nachfolge< Ich hatte anfangs gesagt: durch Jesus sind wir Versöhnte mit Gott. Aber ob wir selbst verändert sind, steht noch aus. Wenn Christen die Konsequenz aus der Versöhnung mit Gott ziehen, dann führt ihr Weg sie aus dem sicheren Lager, mitten in die Welt, hinein in Anfeindungen und Gefahr. Gemeint ist wohl zuerst: statt nur für sich fromm und beschaulich zu leben – Jesus unter die Menschen bringen. Mission und Diakonie, Kirche für andere sein. Die Schmach, die zu tragen ist: verlacht, belächelt zu werden, um Versöhnung ringen, andere Menschen aushalten und tragen, auf Hass mit Liebe reagieren, die Wahrheit riskieren, seinen Geiz ablegen, treu im Gebet für andere, aufrichtig und ehrlich sein, was die eignen Sünden betrifft, Zivilcourage für die Schwachen, und so eben das Kreuz Jesu mittragen. >Wie beweglich sind wir?< Sind wir so beweglich, oder lastet auf uns schweres Reisegepäck voll mit Erfahrungen und Errungenschaften? „So lasst uns nun hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.“ Warum hinaus? Um den Himmel zu suchen: Himmel ist bei Jesus, sonst nirgendwo. Also hin, hinaus zu Jesus. So endet unser Predigtwort, dass wir den Himmel, unser Zuhause bei Gott suchen: „Denn wir haben keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ >Jesus folgen heißt – den Himmel suchen< Jesus folgen heißt den Himmel suchen. Willst du Himmel, geh hinaus zu Jesus. – Als dieser Brief geschrieben wurde, war die heilige Stadt Jerusalem durch die Römer schon in Schutt und Asche gelegt. Und die Empfänger werden genickt und die rauchenden Trümmer ihres geliebten Tempels vor Augen gehabt haben. „Wir haben hier keine bleibende Stadt.“ Schauen wir auf die Vergänglichkeit, müssen es nicht Bilder von Dresden, Königsberg oder Breslau 1945 sein. >Alle, alles vergeht< Wir sehen, auch das stabilste Haus wird einmal nicht mehr sein, der gesündeste Mensch einmal sterben. Und hier werden wir an eine unbändige Hoffnung und Sehnsucht erinnert: wir dürfen bleiben, einmal im Himmel, haben dort Heimat und Zuhause. Jesus hat das drinnen und draußen verbunden, eben auch Himmel und Erde. Deshalb ist der Ruf: Jesus nach! Der Ruf: auf in den Himmel. >Der Himmel, unsere Heimat, bleibt< Die Erde braucht uns eine kleine Zeit, der Himmel will für uns für immer. So ist Glauben – Jesus nachfolgen, seine Schmach tragen – der Weg in die ewige Herrlichkeit, mit Jesus nach Hause gehen: „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Auf uns wartet Gottes Herrlichkeit. Damit kannst du rechnen. Amen.

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