Osternacht – Unfassbar Wahr

Osternacht – Unfassbar Wahr

Joh 20, 19-23                                                                                      Osternacht – Großgrabe, am 21.04.2019

„Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesendet hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“

Liebe Anwärter der Auferstehung, liebe Zweifler und Enttäuschte, liebe Ostergemeinde! Wann beginnt Ostern? Im Garten Eden? Oder bei den Propheten, die hunderte Jahre vor Jesus das Ereignis ankündigten? In Bethlehem unter Stern, Königen und Hirten? In Jesu Predigten, in seinen Wundern und Heilungen? Auf Golgatha, mit Jesu Schrei: „Es ist vollbracht!“Oder, als der Stein am dritten Tag weggewälzt wurde, und Jesus aus dem Totenreich in das Licht der Ewigkeit schritt? Sechs Fragen zu Ostern. Eben haben wir sechs Menschen aus Jesu Umfeld beobachtet, die den Tod für mächtiger halten als Gott, den Schöpfer. Sie stecken einfach in ihrem Denkschema, ihrem Weltbild fest: Der Tod hat das letzte Wort. Selbst Maria hat keine Chance. Ihr Zeugnis: „Ich habe den Herrn gesehen!“prallt ab. Ein winziger Hoffnungsfunke, mehr nicht. Sonst  nur Zweifel und Angst. Doch von einem Augenblick auf den anderen wird diese, ihre Weltordnung, für null und nichtig erklärt, hat keine Bedeutung mehr, als der auferstandene in ihre Mitte tritt. Sie sehen ihn. Sie hören ihn. Vernehmen seine Stimme: „Friede sei mit euch!“ Blackout. Ein Geist ist ihre erste Erklärung. Wunsch und Wahn kreiieren uns dieses Hologramm. Sinnestäuschung ist wahrscheinlicher als Auferstehung. Der Zweifel ist stärker. Jesus vor ihnen und sie glauben nicht. Und wir sind mittendrin in diesem: „Jesus ist da, aber …“ Denn Ostereier suchen wir nicht an Ostern, sondern Glauben. Diesen Osterglauben, der uns mit Flügeln über alles trägt, uns in jeder Dunkelheit Mut zuflüstert und mit uns den Tod verlacht. Glaube, der unsere ganze Existenz trägt und bewahrt. Und zwar für immer und ewig. Wir sind ja mitten in Ostern. Egal wann Ostern begann, ob schon im Garten Eden oder Ostersonntag. Wir sind mittendrin, vom Leben umfangen. Aber wie diese Kraft, diese Flügel, diese Hoffnung bekommen, daraus leben? Wir blättern in der Heilige Schrift, wie Osterglaube geht. Schauen auf die Geburt der Osterhoffnung  und lesen: Jesus tritt in ihre Mitte. Ergebnis: Zweifel. Jesus spricht: „Friede sei mit euch!“ Ergebnis: Zweifel. Noch einmal spricht Jesus: „Friede sei mit euch!“Und jetzt lesen wir: Dawurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.“ Das bewirkte aber nicht die Wiederholung des Friedensgrußes. Jesus antwortet auf ihre Zweifel nach seinem ersten Friedensgruß folgendermaßen: „Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite.“Jesus zeigt ihnen die Wunden, seine durchbohrten Hände und seine durchstochene Seite. Daweichen die sich machtvoll gebärdenden Zweifel. Sie schauen auf Jesu Wunden. Im Anschauen geschieht es: Dawurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.“ Warum wird der Zweifel und der Zweifler durch die Wunden, das Anblicken ausgestandener Schmerzen überwunden? Warum manifestiert sich in den Wunden Jesu der Sieg des Glaubens über alle Zweifel? – Weil Zweifel und Leid verflochten sind. Der Zweifel krallt sich ans Leid und das Leid klammert sich an den Zweifel. Wird beides entflochten, kommt der Glaube ans Licht. Das erkenne ich schon im Blick auf meine eigenen Zweifel: die Zweifel an mir selbst sind verstrickt mit Verletzungen und Enttäuschungen in meiner Biographie. Der Zweifel am Glaubensfeuer meiner Vorväter ist verstrickt mit dem Leid, was dieser Glaubenseifer gebracht hat. Der Zweifel an der Kirche, ihrer Kraft und Vollmacht, ist verstrickt mit den überdimensionalen Nöten um uns. Weil wir fragen: Was können wir Christen denn bewirken angesichts von so viele Nöten? Macht die Kirche nur, was sie will oder was sie soll? Zweifel ist die verlorene Zukunftsperspektive. Zweifel überwinden heißt Zukunft gewinnen. Bezeichnenderweise liegt die Hoffnung darin, dorthin zu schauen, wo Leiden ist. Wo es auch sei, der Blick auf das Leid, das Anschauen und Berühren des Leides ist das Ende der Zweifelsohnmacht: Wer an sich zweifelt, soll mit einem Freund die Wunden der eignen Vergangenheit anschauen und  berühren. Zuversicht wird sich einstellen. Wer an seinen Mitmenschen zweifelt, überwindet, wenn er sich ihrem Leiden nähert. Nähe wird wachsen. Wer an seiner Kirche, seiner Gemeinde zweifelt, findet Zuversicht im Dienst für sie. Liebe zur Kirche wird blühen. Und wer an Gott zweifelt, schaue auf das Leiden Gottes. Durch Jesus hat er für uns gelitten, weil wir ihm kostbarer sind als alles. Ja, durch Jesu Wunden werden unsere Glaubenszweifel geheilt. Wenn er sofür mich gelitten hat, dann muss ich glauben, dass er mich liebt. Das Vertrauen in die heilende Macht Gottes findet Halt in seinen Wunden: „Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Dawurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.“ Was machen wir nun mit unseren fröhlichen Osterglauben, dass Jesus lebt für immer und ewig? Und wir ins Leben gehen, wenn wir sterben und den Tod nicht sehen in Ewigkeit. Und dass Jesus allezeit bei uns ist, bis ans Ende der Welt. Und dass wir gerechtfertigt sind vor Gott durch Jesus, frei und ohne Sünden. Und dass wir diesen Frieden haben und aus ihm leben dürfen. Was jetzt? Schauen wir auf die ersten Osterzeugen: Nach dem Friedensgruß und der Freude werden ihre verdunkelten, leeren Herzen behandelt. Jesus füllt sie. Jesus macht sie voll. Jesus schenkt ihnen Voll-macht: „Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Sendung. Heiliger Geist. Vergebungs-voll-macht. Typisch für den Osterglauben ist, dass er aus allen Nähten platzt, er will unter die Leute. Jesus sendet. Typisch für den Osterglauben ist die Kraft der Osterzeugen, sie sind erfüllt, aber so was von erfüllt. Typisch für den Osterglauben ist Jesu Kreuz und seine Wunden. Darin allein finden Menschen Heil und Vergebung vor Gott. Und seine Gemeinde, das wären dann mal wir, sind die Haushälter dieser Geheimnisse, seine Geheimnisträger, Bevollmächtigten und Boten. Also ab durch die Mitte! Noch Fragen? Nein? Dann: Fröhliche Ostern! Amen.