Eine Folienpredigt

Eine Folienpredigt

Mt 14, 22-33                                          3. Sonntag nach Epiphanias – Großgrabe/Oßling, am 24. Januar 2021

Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein. Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen, denn der Wind stand ihm entgegen. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer. Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrieen vor Furcht. Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin´s; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich! Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Und sie stiegen ins Boot und der Wind legte sich. Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn.“

Liebe Gemeinde! >Folienspiele< Die Folienpredigt, das ist der Titel für meine Auslegung. Ich habe ein paar Folien, eben durchsichtige Bilder, mitgebracht. Unser Predigttext – „Jesus geht auf dem Wasser“ – ist dazu das Bild, die Unterlage. >Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt< Ich lege meine erste Folie – sie heißt Kirche – über den Predigttext. Aha, sagt der Betrachter, hier ist von der Kirche und ihrer Geschichte die Rede. Aus dem Boot mit den Jüngern wird die Gemeinde. Der Kirche bläst nicht selten ein rauer Wind ins Gesicht. „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit.“ Und in Notzeiten kommt der Herr der Kirche auf

Wegen, die keiner gedacht, geglaubt hätte. Jesus verlässt seine Gemeinde nicht. Und der Schluss. Natürlich bekennt die Kirche zu allen Zeiten: Jesus ist Gottes Sohn! Auch wir heute im Gottesdienst. – Nacht, See, Sturm – ein Spiegel der Seele. Versuchen wir es mit einem anderen Verstehensansatz. Diese Folie nennen wir Psychologie. Unser Text – eine bildhafte, eindrückliche Geschichte über das Ringen einer menschlichen Seele zwischen Zweifel und Vertrauen, Bewältigung von Angst und Bedrängnis durch Glauben. Glaube in der Zerreißprobe. Nacht, Wind und Wellen erscheinen wie ein Spiegelbild innerer seelischer Vorgänge wie Angst, Wagnis, Kontrollverlust, Versinken, Rettung, Dankbarkeit. Finden wir so einen Zugang? >Wasserwandern – ein Witz< Nicht selten lautet das Urteil über diesen Bericht: Lachhaft! Ein Mensch läuft auf dem Wasser. So entstanden Witze, unter der Folie „Lächerlichkeit“. Z.B.: Ein katholischer, orthodoxer und evangelischer Geistlicher stehen am Ufer des Sees Genezareth und streiten darüber, wie Jesus auf dem Wasser gehen konnte. Schließlich schlägt der Orthodoxe vor: Lasst es uns einfach ausprobieren. Er geht ans Ufer, geht weiter, zehn, zwanzig Meter, tatsächlich, das Wasser trägt. Auch dem katholischen Priester gelingt das Wunder. Als sie dem Evangelischen winken, merkt der sofort, dass das Wasser erst seine Waden, dann den Bauch umspült, schließlich kann er nur noch schwimmen. Da sagen die beiden draußen zueinander: Du, vielleicht hätten wir ihm doch vorher zeigen sollen, wo die Steine liegen… >Man könnte sich ja lächerlich machen …< Jeder dieser Verstehensversuche, Folien, hat seinen Grund, ob er vielleicht hilfreich für uns heute ist, bleibt vorerst offen. Ich finde am ehesten Zugang über die Folie „Lächerlichkeit“. Wer solche Witze macht, hat Angst. Angst, dass er sich lächerlich macht, oder sein Glaube lächerlich ist, Angst, ein Geheimnis Geheimnis sein zu lassen. Wie dumm ist es doch, wie unwissenschaftlich, dass man auf dem Wasser gehen kann. Alsoerklärt man mit dem Stilmittel „Witz“, dass Wasserwandern nur symbolisch gemeint sei. Von Angst erzählt auch unser Predigttext, Angst in allen Facetten. Wir sehen es an den seltsamen Dingen, die geschehen. >Aufbruchsstimmung< Schon zu Beginn: Jesus zwingt seine Jünger. Keine Widerrede. Er nötigt sie ins Boot zu steigen. Abends. Fischer wie Petrus schnuppern in den Wind, blinzeln in den Himmel, wiegen bedenklich den Kopf, sorgt sich. Ja, es muss sein, sagt Jesus. Jetzt. Los! Es ist die Sorge um seine Jünger. Gerade haben sie ein Wunder erlebt. 5000 Menschen wurden von ein paar Broten satt. Die Massen tuscheln: Das ist er, unser neuer König. Das ist das Letzte, was Jesus will – ein politischer Terminator werden. Und seine Jünger vertragen keine Bewunderung im Schatten ihres Meisters, sie haben ihre Eitelkeit noch nicht besiegt. Sie müssen ins Boot. Sofort. Damit sie ein Strohfeuer nicht mit Glauben verwechseln. Verantwortlichkeit ist positive Angst, gute Sorge. >Alleinsein können< Jesus schickt auch alle andern weg. Er sorgt sich um sich selbst. Ausatmen, Einatmen. Arbeiten und Beten. Er muss einen enormen Aufwand betreiben, damit er beten kann. Einsamkeit brauchen wir nicht, aber Alleinsein: „Jesu trieb seine Jünger ins Boot. Als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein.“ >Allein im Alltag< Die Perspektive schwenkt um. Wir sehen das Boot weit weg vom sicheren Ufer, ziemlicher Wellengang, Gegenwind, Schieflage, hektisch Wasser schöpfen. Fast überliest man es: sie wissen sich zu helfen, einer passt immer auf, sie teilen sich die Nachtwachen, lösen sich ab: „Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See.“ Das ist im Morgengrauen, zwischen drei und sechs, Übergang der Nacht zum Tag, die vierte Nachtwache – Symbol für den Sieg des Lichtes über die Dunkel-heit. Leben besiegt den Tod. Da erscheint ihnen Jesus. Eine Ostergeschichte? Sofort denken wir an die Erscheinungen desAuferstandenen am See (Joh 21). Wieder ein Zugang, eine Folie: Jesus wird uns gezeigt als der Herr über die Natur, Herrüber Nacht und Tod. >Wenn die Schatten länger werden sehen manche Gespenster< Jetzt riechen wir die Angst sogar. Panik bricht aus, wo Gott dem Menschen begegnet. Kein Mensch kann auf dem Wasser gehen, also kommt da kein Mensch: „Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst! Und schrieen vor Furcht.“ >Im Meer der Angst< Diese Situation, Nacht, Wellen und eine näher kommende Gestalt auf dem Wasser war nicht geeignet, die Jünger zu ermutigen. Wie befremdlich Jesus hier wirkt. Auch das ist Jesus: Der ganz, ganz andere. Nicht die Umstände, aber JesuWort ermutigt sie: >Nicht die Umstände, das Wort Jesu ermutigt< „Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht!“ Diese Erfahrung zumindest teilen wir mit den Jüngern: oft schon sind wir durch Jesu Wortermutigt worden. Angst vor Gott ist unangemessen. Ein trostvoller Gedanke. Aber es muss uns, jeweils neu, zugesprochen werden: Fürchtet euch nicht! – Hier sind wir am Höhepunkt der Geschichte. Das Wort Jesu hat alles verändert. Es ist nicht mehr dunkel. Die Angst, im Sturm des Lebens vom Winde verweht zu werden, unterzugehen imStrudel der Zeit, ist geglättet. Alle blicken nach dem ge-hörten Wort auf Jesus. Eine atemlose Spannung liegt in der Luft.>Ein Sprung ins kalte Wasser – ohne Netz und doppelten Boden< Noch ist ein Rest Ungewissheit da. Überwach vertraut Petrus seine Worte den Wellen an: „Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.“ Ist es Jesus, ruft er mich, kann ich alles wagen. Hier schalten wir die Zeitlupe ein. Petrus und Jesus auf dem See. >Völlig schwerelos< Ein Moment der Ruhe, man möchte ihn halten. Die Münder stehen offen. Petrus probiert nicht erst, kein Test. Nur Jesus im Blick geht er los. Auf dem Wasser gehen.Worte haben, die übers Wasser tragen, wie Jesu Ruf: Komm! Gegebene Wirklichkeiten durch Vertrauen in Jesus verändern … Was trägt uns? Was lässt uns schwerelos werden? >Im Dunkel lässt die Angst nicht locker< Im nächsten Satz schon fegt der Wind jene zauberhafte Leichtigkeit wieder davon. Die Angst hat sich von hinten angeschlichen und zieht nach unten. Petrus steht draußen. Um ihn Meer, ein Meer aus Angst. Nichts trägt. Das Boot ist weit. Eindrücklich ist genau dieserAugenblick der Angst, des Versinkens, von Künstlern festgehalten worden. (Rembrandt; Schnorr v. Carolsfeld) >Präsenz statt Moral< In Todesangst schreit er nach seinem Herrn: „Herr, hilf mir!“ Was jetzt geschieht, ist besser als jede menschliche Sicherheit: In Gottes Hand fallen. Er glättet die Wogen nicht, lässt auch den Sturm nicht aufhören, aber er ist da, fasst Petrus´ Hand, hält ihn fest: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ Jesus erkennt Petrus einen kleinen Glauben zu, der sich erhalten hat inmitten blanker Angst. Der kleine Glaube ist doch jene Mischung aus: Angst und Mut, Vertrauen und Zweifel, Hören auf Jesu Wort und Starren auf Sturm und Wellen. Wen Jesus gepackt hat, den lässt er nicht mehr los. Sie steigen ins Boot, die Jünger lösen sich aus ihrem Erschrecken und bekennen: „Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!“ >Blickkontakt< Nun zurück zur Folie. Welche legen wir über diesen Bericht von Wunder, Wasser und Wagnis? In mir ist eine Erwartung gestärkt worden: Du darfst glauben, Jesus begegnet dir dort, wo du es am wenigsten erwartest. Dazu ein Anstoß: Im Blick auf Jesus etwas wagen. Und ich finde eines tief tröstlich: Wer wie ein Verlierer aussieht, ist der eigentliche Gewinner, der in Wahrheit Beschenkte. Nicht die Jünger, Petrus ist hier der große Gewinner und hat eine einmalige Erfahrung machen dürfen. Er vertraut dem Wort seines Herrn und erlebt, wie dieses Wort ihn über das Wasser trägt. Amen.

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